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Katholische Sicht der Wirtschaft: Auszüge aus Wilhelm Emmanuel von Kettelers „Die Arbeiterfrage und das Christenthum” (1864)

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Das vierte Hilfsmittel des Christenthums zur Verbesserung der materiellen Lage des Arbeiterstandes besteht in den socialen Kräften desselben.

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Wir meinen hier erstens das Unternehmen des Handwerkervereins, der seit einigen Jahren entstanden ist und den Handwerkerstand wieder in eine zusammenhängende Genossenschaft vereinigen will. Der Gedanke, der diesem Versuche zu Grunde liegt, ist gewiß ein tief berechtigter, der eine Lösung finden muß. Wir wünschen von ganzem Herzen, daß schon der jetzt gemachte Versuch zu einem Resultate führen möge. Wenn die Regierungen, nicht im Dienste der liberalen Partei, von der ich auf keinem Gebiete Gutes erwarte, sondern mit Selbstständigkeit und Sachkenntniß dem Handwerkerstande eine Ordnung bieten würden, in der er sich wieder zur nöthigen Selbstständigkeit und zu einer lebenskräftigen Genossenschaft entfalten könnte, so würden wir das für eine der weitgreifendsten und segensreichsten Maßregeln halten, deren Resultate sich gar nicht vorher bestimmen ließen. Es scheint aber fast, als ob wir ein- für allemal auf eine schöpferisch entwickelnde Thätigkeit der Regierungen in der Gegenwart verzichten müßten. Um so wichtiger ist es aber, daß alle schöpferischen und schaffenden christlichen Kräfte dieses Bestreben, den Handwerkerstand wieder zu einem Stande zu machen, so viel sie vermögen, unterstützen.

Das zweite Unternehmen, das wir an dieser Stelle noch erwähnen müssen, sind die Gesellenvereine. Da sie hauptsächlich auf katholischem Gebiete entstanden sind, so dürfen wir sie mit allem Rechte einen katholischen Beitrag zur Lösung der Arbeiterfrage nennen. Schon das bisherige Resultat derselben übertrifft alle Erwartung und zeigt uns zugleich, was aus diesen Gesellenvereinen werden kann, wenn ihre ganze Entwickelung bis zum vollen Abschluß gebracht wird. Gott hat sich eines Gesellen bedient, um dieses Werk in Angriff zu nehmen, und nachdem er ihn in den Priesterstand erhoben, hat er den hochwürdigen Herrn KOLPING, diesen alten Gesellen, zu einem wahren Vater des Gesellenstandes gemacht. Möge Gott ihn forthin als Werkzeug gebrauchen, um dieses Werk zu befestigen. Das wird mehr und mehr geschehen, wenn das genossenschaftliche Princip, getragen vom Geiste des Christenthums, sich immer mehr in diesen Vereinen entfaltet und sie Alle zu lebendigen Gliedern eines Körpers macht.

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