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Katholische Sicht der Wirtschaft: Auszüge aus Wilhelm Emmanuel von Kettelers „Die Arbeiterfrage und das Christenthum” (1864)

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Das erste Hilfsmittel, welches die Kirche dem Arbeiterstande auch fortan bieten wird, ist die Gründung und Leitung der Anstalten für den arbeitsunfähigen Arbeiter.

Wir haben schon bemerkt, daß die große liberale Partei, nachdem sie zuerst das christliche Almosen, um ihre hochgepriesene Selbsthilfe recht in den Vordergrund zu stellen, mit großer Mißgunst behandelt hat, doch auch anfängt, die Gründung der Anstalten für arbeitsunfähige Arbeiter in den Kreis ihrer Thätigkeit hereinzuziehen. Dieses Gebiet wird aber auch in Zukunft wie bisher vor Allem dem Christenthum, der Kirche und der christlichen Nächstenliebe angehören. Fast alle Fonds, Häuser und Anstalten, die in diesem Augenblick im christlichen Europa diesen Zwecken dienen, verdanken wir dem Christenthum und seinem Geiste. Was im Vergleich dazu der Humanismus geschaffen hat, ist unbedeutend. Der gesammte arbeitsunfähig gewordene und auf fremde Hilfe angewiesene Arbeiterstand verdankt auch jetzt noch dem Christenthum, dessen Segnungen er selbst oft nicht mehr erkennt, alle die Hilfe, die er in den zahlreichen Zufluchtsstätten der Armuth, in den Krankenhäusern, in den Armenhäusern, in den Invalidenanstalten etc. findet. Aber nicht nur die Fonds für ähnliche Anstalten hat der christliche Geist aufgebracht, sondern auch die innere Einrichtung derselben, die Pflege, die dort der arbeitsunfähige Arbeiter findet, kann nur das Christenthum in einer Weise bieten, daß dadurch das Elend der Armen in der höchst möglichen Weise gemildert wird. Der hilflose Arbeiter hat noch nicht, wie wir schon oben bemerkt haben, die wahre Hilfe gefunden, wenn er in einer Anstalt Aufnahme findet, sondern es kömmt darauf an, daß er in ihr auch die rechte Pflege, die liebevolle Behandlung finde. Ich glaube nun zwar, daß es auch dem Humanismus gelingen wird, hie und da unter besonders günstigen Verhältnissen eine Zeitlang, namentlich durch den Einfluß einzelner hervorragender Persönlichkeiten und für die Dauer ihres Lebens, dergleichen Anstalten auf eine gewisse Höhe guter innerer Einrichtungen zu bringen. Schon die Concurrenz mit den christlichen Anstalten zwingt ihn zur äußersten Kraftanstrengung und nöthigt ihn, einzelne Musteranstalten herzustellen, die vielleicht noch mit größerem Glanze eingerichtet sind und die deßhalb den Schein an sich tragen, ebenbürtig neben jenen zu bestehen. Im Ganzen und Großen aber wird es allen Parteien, die jetzt der Welt helfen wollen ohne die übernatürlichen Kräfte und Gaben, die Gott im Christenthum niedergelegt hat, nimmermehr gelingen, den Arbeitern, die arbeitslos geworden sind, in den verschiedenen Zufluchtsstätten neben der Aufnahme auch noch eine Behandlung, eine Pflege zu bieten, wie das Christenthum es vermag. Die innere Einrichtung und Leitung der

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