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Carl von Clausewitz: Auszüge aus Vom Kriege (1832)

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3. Das Volk. Obgleich der Einfluß eines einzelnen Bewohners des Kriegsschauplatzes auf den Krieg in den meisten Fällen nicht bemerklicher ist als die Mitwirkung eines Wassertropfens bei dem ganzen Strom, so ist doch selbst in Fällen, wo von gar keinem Volksaufstand die Rede ist, der Gesamteinfluß, den die Einwohner des Landes auf den Krieg haben, nichts weniger als unmerklich. Alles geht im eigenen Lande leichter, vorausgesetzt, daß die Gesinnung der Untertanen nicht im Widerspruch mit diesem Begriff ist. Alle Leistungen, groß und klein, geschehen dem Feinde nur unter dem Zwange offenbarer Gewalt; diese muß von der Streitkraft bestritten werden und kostet ihr eine Masse von Kräften und Anstrengungen. Der Verteidiger erhält dies alles, wenn auch nicht eigentlich freiwillig wie in den Fällen enthusiastischer Hingebung, doch durch die langgeübten Wege des bürgerlichen Gehorsams, der dem Einwohner zur zweiten Natur geworden ist und außerdem durch ganz andere, vom Heere nicht ausgehende, viel entfernter liegende Furcht- und Zwangsmittel in Gang erhalten wird. Aber auch die freiwillige, aus wahrer Anhänglichkeit hervorgehende Mitwirkung ist in allen Fällen sehr bedeutend, insofern sie nämlich in allen den Punkten, die keine Opfer kosten, niemals ausbleibt. Wir wollen nur einen dieser Punkte herausheben, welcher von großer Bedeutung für die Kriegführung ist; es sind die Nachrichten. Nicht sowohl die einzelnen großen, wichtigen Kundschafternachrichten, als die unzählige Masse von kleinen Berührungen, in welche der tägliche Dienst eines Heeres mit der Ungewißheit tritt, und wo das Verständnis mit den Einwohnern den Verteidigern eine allgemeine Überlegenheit gibt. Die kleinste Patrouille, jede Feld- und Schildwache, jeder versendete Offizier sind mit ihren Bedürfnissen um Nachrichten über Feind, Freund und Gegner an den Landesbewohner verwiesen.

Steigt man nun von diesen ganz allgemeinen, nie ausbleibenden Beziehungen zu den besonderen Fällen auf, wo das Land anfängt, an dem Kampfe selbst teilzunehmen, und bis zu dem höchsten Grad derselben, wo es, wie in Spanien, durch einen Volkskrieg diesen Kampf der Hauptsache nach selbst führt, so begreift man, daß hier nicht bloß eine Steigerung des Volksbeistandes, sondern eine wahrhaft neue Potenz entsteht, und daß wir also:

4. die Volksbewaffnung oder den Landsturm als ein eigentümliches Mittel der Verteidigung anführen können.

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