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Carl von Clausewitz: Auszüge aus Vom Kriege (1832)

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Bei langen Reisemärschen außer dem Kriegstheater sind zwar die Bedingungen, unter welchen der Marsch geschieht, gewöhnlich leichter und die Verluste der einzelnen Tage geringer, dafür aber ist der leichteste Kranke gewöhnlich auf lange Zeit verloren, weil die Genesenden das immer fortrückende Heer nicht erreichen können.

Bei der Reiterei vermehrt sich die Zahl gedrückter und lahmer Pferde in steigender Progression, und beim Fuhrwerk gerät manches ins Stocken und in Unordnung. Es fehlt daher nie, daß ein Heer nach einem Zuge von 100 Meilen und darüber sehr geschwächt ankommt, besonders an Reiterei und Fuhrwerk.

Werden solche Züge auf dem Kriegstheater selbst, d. h. unter den Augen des Feindes nötig, so fließen die Nachteile beider Verhältnisse zusammen, und die Verluste können bei großen Massen und sonst ungünstigen Verhältnissen ins Unglaubliche steigen.

Nur ein paar Beispiele, um der Vorstellung Bestimmtheit zu geben.

Als Bonaparte den 24. Junius 1812 den Njemen überschritt, war das ungeheure Zentrum, womit er in der Folge gegen Moskau zog, 301 000 Mann stark. Bei Smolensk, den 15. August, waren davon entsendet 13 500 Mann, es hätte also 287 500 Mann stark sein müssen. Sein wirklicher Bestand aber betrug 182 000 Mann; der Verlust war also 105 500 Mann.*) Bedenkt man, daß bis dahin nur zwei namhafte Gefechte vorgekommen waren, eins zwischen Davout und Bagration, das andere zwischen Murat und Tolstoj-Ostermann, so wird man den Verlust des französischen Heeres in Gefechten höchstens auf 10 000 Mann anschlagen können, und der, welchen es durch Krankheiten und Nachzügler hatte, betrug also innerhalb 52 Tagen und bei einem geraden Vorrücken von etwa 70 Meilen 95 000 Mann, d. h. ein Dritteil des Ganzen.

Drei Wochen später, zur Zeit der Schlacht von Borodino, betrug dieser Verlust schon 144 000 Mann (mit Einschluß der in den Gefechten verlorenen) und 8 Tage darauf in Moskau 198 000 Mann. Die Verluste jener Armee überhaupt sind in der ersten jener Perioden täglich 1/150, in der zweiten 1/120 und in der dritten 1/19 des Ganzen in seiner anfänglichen Stärke.



* Alle diese Zahlen sind aus dem Chambray genommen.

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