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Carl von Clausewitz: Auszüge aus Vom Kriege (1832)

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(Fünftes Buch) Zwölftes Kapitel: FORTSETZUNG

Wir haben jetzt den zerstörenden Einfluß zu betrachten, welchen die Märsche auf die Streitkraft üben. Er ist so groß, daß man ihn als ein eigenes tätiges Prinzip neben dem Gefecht aufstellen möchte.

Ein einzelner mäßiger Marsch nutzt das Instrument nicht ab, aber eine Reihe von mäßigen tut es schon und eine Reihe von schwierigen natürlich viel mehr.

Auf der Kriegsbühne selbst sind Mangel an Verpflegung und Unterkommen, schlechte ausgefahrene Wege und der Kothurn beständiger Schlachtfertigkeit die Ursachen der unverhältnismäßigen Kraftanstrengungen, wodurch Menschen, Vieh, Fuhrwerk und Bekleidung zugrunde gerichtet werden.

Man ist gewohnt, zu sagen, daß eine lange Ruhe dem physischen Wohl eines Heeres nicht tauge, daß in demselben mehr Krankheiten entständen als bei mäßiger Tätigkeit. Allerdings können und werden Krankheiten entstehen, wenn der Soldat in engen Quartieren aufeinandergepackt ist, aber diese werden auch entstehen, wenn dies Marschquartiere sind, und niemals kann Mangel an Luft und Bewegung die Ursache solcher Krankheiten sein, da man beides durch Übungen so leicht geben kann.

Man überlege nur, welchen Unterschied es in dem gestörten und schwankenden Organismus eines Menschen macht, ob er auf offener Landstraße in Kot, Schlamm und Regen unter der Last seines Gepäckes oder im Zimmer erkrankt; selbst aus dem Lager wird er bald nach dem nächsten Ort zu schaffen und nicht ganz ohne ärztliche Hilfe sein, während er auf dem Marsch erst stundenlang am Wege ohne irgendeine Unterstützung liegen bleibt und sich dann meilenweit als Nachzügler fortschleppt. Wieviel leichte Krankheiten werden dadurch zu schweren, wieviel schwere zu tödlichen! Man überlege, wie im Staub und dem brennenden Sonnenstrahl des Sommers selbst ein mäßiger Marsch die furchtbarste Erhitzung verursachen kann, in welcher dann, vom glühendsten Durst gepeinigt, der Soldat zum frischen Quell stürzt, um sich Krankheit und Tod zu holen.

Es kann mit dieser Betrachtung nicht unsere Absicht sein, die Tätigkeit im Kriege vermindern zu wollen; für den Gebrauch ist das Instrument da, und nutzt dieser Gebrauch es ab, so ist das in der Natur der Sache; aber wir wollen nur alles an seinen Ort gestellt wissen und jener theoretischen Prahlerei entgegentreten, nach welcher die überwältigendste Überraschung, die schnellste Bewegung, die ruheloseste Tätigkeit nichts kosten sollen, sondern als reiche Minen geschildert werden, welche die Trägheit der Feldherren unbenutzt liegen läßt. Es verhält sich mit der Ausbeute dieser Minen wie mit jener der Gold- und Silbergruben; man sieht nur auf das Produkt und fragt nicht, wieviel die Arbeit wert gewesen, die es zu Tage gefördert.

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