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„Koalition der neuen Möglichkeiten” (30. November 2005)

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Bei der Vorbereitung auf diese Regierungserklärung habe ich viel darüber nachgedacht, wie ich alle Gruppen erwähnen und würdigen kann, die für das Miteinander in unserem Land so wichtig sind. Ich habe darüber nachgedacht, ob ich Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften, Kirchen und Religionsgemeinschaften alle einzeln benennen soll. Ich habe mich am Ende dafür entschieden, auf eine solche Auflistung zu verzichten. Denn es geht nicht um Gruppen – es geht um uns alle, es geht um unser Gemeinwesen, um unsere gemeinsame Zukunft.

Überraschen wir uns deshalb damit, dass wir die großen Fragen nicht immer aufgegliedert nach Einzelfragen und -interessen angehen, sondern einmal im Zusammenhang. Überraschen wir uns damit, dass wir sachlich, fair, ehrlich alles angehen und gemeinsam lösen. Bei allen Aufgaben, die wir vor uns haben, sollten wir nicht vergessen: Frühere Generationen, die, die vor uns Probleme zu lösen hatten, hatten ungleich größere Probleme; denken wir an den Aufbau nach dem Krieg in West und Ost, denken wir an die historische Leistung der Ostdeutschen, friedlich eine Diktatur zu überwinden. Dagegen ist unsere heutige Lage beneidenswert.

Sicher: Licht und Schatten liegen an vielen Stellen sehr eng beieinander; ich nenne den Aufbau Ost. Aber festzuhalten bleibt doch: 15 Jahre nach der deutschen Einheit ist Gigantisches geleistet worden. Mit Transferzahlungen von jährlich 4 Prozent des Sozialprodukts ist es gelungen, die neuen Bundesländer wieder aufzubauen. Ich möchte von dieser Stelle aus allen in Deutschland danken, die zu diesem Prozess beigetragen haben.

Die Umwelt erholt sich, die Infrastruktur ist ausgebaut, in wenigen Tagen wird – das sei mir als Bewohnerin von Mecklenburg-Vorpommern gestattet zu sagen – das letzte Stück der Ostseeautobahn dem Verkehr übergeben. Das sind nur einige Beispiele dafür, was wir in 15 Jahren alles geschafft haben.

Auch sonst bietet unser Land großartige Voraussetzungen, die wir nun endlich nutzen sollten: Deutschland ist Exportweltmeister. In keinem Land in Europa werden mehr Patente angemeldet. Gerade wurde wieder ein deutscher Wissenschaftler mit einem Nobelpreis geehrt.

Unsere kulturelle Vielfalt ist einzigartig.

Deutschland ist das Land der Ideen, wie der Bundespräsident sagt. Zu einem Land der Ideen gehört nach meiner Auffassung eine Regierung der Taten. Und diese unsere Bundesregierung hat sich viele Taten vorgenommen.

Ein Vizekanzler einer früheren großen Koalition und späterer Bundeskanzler hat einmal gesagt: „Mehr Demokratie wagen.“

Ich weiß, dass dieser Satz viele, zum Teil sehr heftige Diskussionen ausgelöst hat. Aber ganz offensichtlich hat er den Ton der damaligen Zeit getroffen. Ich sage persönlich: Gerade in den Ohren der Menschen jenseits der Mauer klang er wie Musik. Gestatten Sie mir, diesen Satz heute zu ergänzen und uns zuzurufen: Lassen Sie uns mehr Freiheit wagen!

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