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Gründe für die Entfremdung türkischer Jugendlicher (3. Juni 1993)

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Wie ein Jugendlicher allerdings treffend formuliert, „schauen die Neonazis nicht auf den Paß, bevor sie jemanden ermorden“. Die deutsche Gesellschaft muß mit den Mördern und Gewalttätern in ihren Reihen endlich abrechnen. Vom Innenminister wird erwartet, daß er den Polizeiapparat sowie den Verfassungsschutz so effektiv wie möglich einsetzt, um neue Brandstiftungen zu verhindern. Die jungen Täter, die erst nach dem Anschlag gefaßt werden, sollen sich nicht mehr in der Gewißheit wiegen, daß die Mehrheit des deutschen Volkes hinter ihnen steht. Nicht nur abschreckende Strafen sind erforderlich sondern auch die Ausschließung der Neonazis aus der Gemeinschaft.

Daß die Türken in Deutschland nackte Angst haben, wollen viele aus Stolz nicht zugeben. Diese Angst ist real. Jeder Türke, der in einer verschlafenen deutschen Kleinstadt in einem rein von Türken bewohnten Haus lebt, kann sich seines Lebens nicht mehr sicher sein. Den Landsleuten wird empfohlen, in der Dunkelheit U- und S-Bahnen zu meiden, jeden Verdächtigen, der ums Haus schleicht, sofort der Polizei zu melden und bei jedem Überfall Anzeige zu erstatten. Ein deutscher Freund, der lange in der Türkei lebte, sagte einmal: „Ihr Türken und wir Deutschen haben eins gemeinsam: Wir wollen beide unbedingt von allen geliebt werden.“ Allerdings: Dazu muß man erst einmal am Leben bleiben.



Quelle: Dilek Zaptcioglu-Rogge, „Jetzt weiß ich, dass ich hier keine wahren Freunde habe“, Der Tagesspiegel, 3. Juni 1993.

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