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Münchener Gourmet-Läden versorgen die Elite (23. Dezember 2004)

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Dallmayr und Käfer trennen nur zwei Kilometer Luftlinie, und eigentlich haben beide dasselbe Ziel: anspruchsvolle Esser glücklich zu machen mit Produkten, die es im Supermarkt nicht zu kaufen gibt. Und doch liegen Welten zwischen den Firmen. Nein, es sind nicht nur die Farben – rot bei Käfer, weiß und blau bei Dallmayr; es ist nicht nur die Philosophie. Es sind die Kunden, die sich unterscheiden. Zugegeben, die berühmte Münchner Hirschhornknopf-Loden-Kaschmir-Mischung sieht man in beiden Häusern. Aber da ist noch eine spezifische Klientel, die sich in den verwinkelten Räumen im Zuckerbäckerbau an der Prinzregentenstraße wohl fühlt.

Käfers Welt: Hier trifft man schlanke Damen zwischen 35 und 50 mit blondierten, perfekt sitzenden Gerhard-Meir-Frisuren, raffinierten Designerjacken, Prada-Handtaschen und Rolex-Uhren; sonnengebräunte Männer in Maßanzügen, mit Handy am Ohr, weil die Geliebte mal wieder nervt. Und natürlich Leute aus den bunten Blättern. So ist es mehr als ein Zufall, dass an einem Freitagnachmittag die Salzburger Grande Dame Marianne Fürstin zu Sayn-Wittgenstein-Sayn vor der unvergleichlichen Käsetheke fast mit dem Schauspieler Friedrich von Thun zusammenprallt - beide beschäftigt mit den Feinheiten des Festtagsmenüs.

Das wahre Theater spielt sich bei Käfer ab. Vielleicht sollte man sich, statt sozialkritische Dramen in den Kammerspielen oder Society-Persiflagen am Resi zu besuchen, einfach nur an die Salattheke stellen. Dort, wo Marianne Weber seit 28 Jahren mit Hingabe und Augenmaß bedient, schließlich ist sie eine der erfahrensten Fachkräfte im Käfer-Imperium, das schon viele Umbauten und Neuanfänge erlebt hat, sogar einen vollmundig angekündigten Börsengang. Man kann hier Lehrreiches über die Münchner Gesellschaft erfahren. Etwa dass manche Kunden aus Gourmet-Magazinen wissen, dass sich frischer Alba-Trüffel, das Gramm zu 4,90 Euro, lediglich zwei Tage hält, während andere Hobby-Trüffologen fest davon ausgehen, dass die Ware locker eine Woche mundet. „Ich erkenne schon am Gesichtsausdruck eines Kunden, ob er reden oder einfach nur einkaufen möchte. Bei vielen kenne ich Namen und Geschmack", sagt Marianne Weber.

Von der eher schweigsamen Sorte ist ein Herr in schwarzem Tweedsakko und Joop-Jeans, der in seinem Körbchen acht Flaschen Aceto Balsamico, vier Packungen Lachs und eine Portion Trüffel für 95 Euro spazieren führt. Und wer sich den Spaß macht, den Kundinnen von der Fisch-Theke nach draußen zu folgen, der kann sportliche Berufsgattinnen in den Endzwanzigern beobachten, die sich ihre Champagner-Kisten von Angestellten zum Porsche tragen lassen, mit spitzen Fingern einen Zehn-Euro-Schein in die Höhe halten und flöten: „Junger Mann, ich wünsche Ihnen noch einen wunderschönen Tag!"

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