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Münchener Gourmet-Läden versorgen die Elite (23. Dezember 2004)

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Die Kunden zahlen bar

Deutschlands traditionsreichstes Delikatessengeschäft bietet eben mehr: ein Einkaufs-Gefühl. Klar, die meisten kommen, weil das Weinangebot vorzüglich ist. Weil sie aus 50 verschiedenen Honig-, aus 120 Marmeladen- und 75 erlesenen Pralinensorten wählen können. Weil sie ihre kalt geräucherte Flugentenbrust und das Filet Wellington seit Jahrzehnten hier kaufen. Und weil beim Dallmayr der Wildlachs perfekt geschnitten wird. Gut, die Avocado kostet 2,50 Euro, schmeckt aber garantiert nicht wässrig und ist weder steinhart noch zermantscht, wenn man sie aufschneidet.

Aber das ist es nicht allein, was Dallmayr neben Neuschwanstein zu einer der beliebtesten bayerischen Touristenattraktionen gemacht hat. Man kann kulinarische Glücksmomente in diesem perfekt sortierten Geschäft erleben, in dem die Kunden meist noch bar bezahlen und kein schwachsinniges Weihnachtsgedudel über Lautsprecher läuft. „Einmal ging es mir sehr schlecht, ich hatte eine schlimme Nachricht vom Arzt bekommen“, erzählt die Gautingerin Helga Kiefmann. „Ich bin sofort zu Dallmayr und hab´ mir die teuersten Häppchen gekauft, das hat mich sehr getröstet!"

Der Chef des Hauses gibt sich so zurückhaltend, wie es nun einmal Stil eines 300 Jahre alten Familienunternehmens ist. Georg Randlkofer, ein eleganter Herr im grauen Anzug und mit getrimmtem Bart, macht keine großen Worte, wenn er den Besucher im Konferenzraum über den Lager- und Verkaufsräumen empfängt. Über Kunden spricht er ohnehin nicht, da ist er Diplomat: Schließlich produziert er im Auftrag der Staatsregierung das passende Menü für ausländische Staatsgäste, wenn diese in der Residenz empfangen werden. In der Dallmayr-Küche sind 50 Mann mit der Vorbereitung der Speisen beschäftigt.

„Wir sind zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft“, sagt Randlkofer. Für ihn ist der 23. Dezember der schönste Verkaufstag im Jahr. „Ich genieße es, wenn Bankvorstände bei uns an der Theke stehen und am Handy das Menü mit ihren Frauen abstimmen.“ Die Kunden nehmen sich Zeit und Geld für gutes Essen – soweit muss man Randlkofer zustimmen. Aber stimmt das Vorurteil, dass die traditionsbewussten älteren Münchner bei Dallmayr einkaufen und die Aufsteiger, die Nadelstreifenträger aus den Kanzleien und Agenturen, nach Bogenhausen zu Käfer fahren, weil man dort mit dem S-Klasse-Mercedes leichter einen Parkplatz findet? „Ach was, zu uns kommen viele junge Leute“, erwidert Randlkofer. „Und Singles, die es sich gut gehen lassen.“ Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die Firma früher 300 Gänse an Weihnachten verkaufte und heute nur noch drei Dutzend. Singles bevorzugen Mini-Portionen. Kaviar zum Beispiel. Den gibt es in winzigen Portionen.

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