Nie und nirgend, als damals in jenen alten freien Städten, in denen die vollkommenste Gleichheit unter den Bürgern bestehen sollte, hat wohl ein an’s Lächerliche grenzender Aristokratismus tiefere Wurzeln geschlagen; bei jeder öffentlichen, besonders kirchlichen Feier, bei Trauungen, Taufen, sogar vor Gottes Altar, beim Abendmahl, trat er schreiend hervor, und gab oft Veranlassung zu höchst ärgerlichen Auftritten, besonders unter den Frauen.
Um keinen Preis hätte ich damals an der öffentlichen Konfirmation der Kinder Theil nehmen dürfen, denn diese wurde nur für den niedern Bürgerstand schicklich gefunden; [vielmehr wurde Johanna allein im Pfarrhaus konfirmiert. – Im Alter von 18 Jahren heiratete sie dann den 20 Jahre älteren Heinrich Floris Schopenhauer, einen großen Kaufmann. Ihr Sohn war der Philosoph Arthur Schopenhauer.]
Quelle: Johanna Schopenhauer, Jugendleben und Wanderbilder. Braunschwieg, 1839, Auszüge aus Bd. I, S. 9-242.
Abgedruckt in Jürgen Schlumbohm, Kinderstuben, Wie Kinder zu Bauern, Bürgern, Aristokraten wurden 1700-1850. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 1983, S. 336-59.