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Friedrich Diesterweg: „Pädagogisches Krebsbüchlein” (1856)

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6. Regeln, durch deren Anwendung man der Entwicklung des gesunden Menschenverstandes bei Kindern vorbeugt

1. Schließe sie von dem Leben in der Natur wie von dem Umgange und freien Spiele mit andern Kindern ab!
2. Verabsäume die Entwicklung der Sinne und die Übung der Glieder des Körpers!
3. Entzünde ihre Phantasie frühzeitig durch monströse Märchen und fabelhafte Erzählungen!
4. Halte sie zum Behalten und Hersagen unverständlicher Wörter und Sätze an!
5. Belaste ihr Gedächtnis mit möglichst vielen Stoffen möglichst dunklen Inhalts!
6. Vermeide jedwede Anregung verständigen Urteils!
7. Gewöhne sie, keine Meinung zu haben, sich selbst zu mißtrauen und überall das souveräne Urteil ihrer erwachsenen Umgebung zu begehren und dasselbe blindgläubig nachzusprechen!
8. Laß ihnen nur mechanischen Unterricht erteilen, und gewöhne sie an die Nachahmung sinnloser Gebräuche!
9. Lege besonderen Wert auf das Nachsprechen religiöser Formeln!
10. Durchdringe sie mit der Meinung von dem hohen Wert kirchlich-religiöser Zeremonien und äußerlicher Handlungen!
11. Lehre sie den Wert der Menschen nach äußerlichen Verhältnissen der Geburt, des Standes, des Reichtums, der Konfession usw. taxieren, besonders aber übe ihnen die Meinung ein, daß sie in dem alleinseligmachenden, alle andern in ketzerischem Glauben erzogen werden!
12. Halte sie ab von der Kenntnis und richtigen Beurteilung der Naturerscheinungen und natürlicher Verhältnisse überhaupt, erfülle sie dagegen mit dem Glauben an Wunder, Dämonen und Teufel und mit Vorurteilen aller Art!

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