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Veit Ludwig von Seckendorff, Auszüge aus Teutscher Fürsten-Staat (1656)

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§ 10. Wenn sie erscheinen, wird gemeiniglich vor dem anfang der handlung der gottesdienst verrichtet, und Gott der Allmächtige um gutes gedeyen angeruffen. Nach demselben lässet der landes-herr in einem saal, oder verschlossenen gemach, durch seinen cantzlar, oder vornehmsten rath, (er wolte es denn selbst mit wenigen gedencken, und die weitere ausführung hernach durch jetzt bemeldte person thun lassen,) denen sämtlichen ständen die ursachen, warum sie zusammen erfordert sind, auch die puncten, worinnen ihr bedencken und rath begehret wird, mündlich anzeigen, auch darauf schrifftlich dem obersten aus den land-ständen so bald überantworten, und ferner begehren, daß sich die stände zusammen verfügen, die proponirte puncten wohl erwegen, und darauf mit unterthäniger treuer eröffnung ihres gutdünckens sich vernehmen lassen sollen. [ . . . ]

§ 11. Darauf werden sie in sondere gemächer gewiesen, als in fürstenthümern und landen, wo völlige landsässerey ist, die prälaten in eines, die grafen und herren in eines, die von der ritterschafft in ein anders, und die städte auch in ein anders, oder nach gelegenheit bleibet es bey zwo oder drey classen, nachdem der ritter- oder herren- und prälatenstand von der landes-fürstlichen hoheit eximiret ist oder nicht. Bey einer jedwedern sammlung fraget der obenansitzende, oder wer es nach alten herkommen befugt ist, die stände um ihre meynung, und vergleichen sich eines gewissen schlusses: Denselben communiciret jedere claß mit der andern, biß sie einer einhelligen meynung sich vereinbaret, oder da es nicht seyn könte, werden eines jeden sämtlichen standes oder claß meynung, oder schlüsse aufgezeichnet, und darnechst eine schrifftliche antwort an den landes-fürsten verfasset, und dessen cantzlar und räthen, oder wen er darzu verordnet, und wie es gebräuchlich ist, durch etliche deputirte aus den ständen eingehändiget.

§ 12. Ist nun der landes-herr mit solcher erklärung, nachdem dieselbe reifflich gegen die propositions-puncten überleget, und nach ihren motiven betrachtet worden, zufrieden, so läst er ihnen solches anzeigen, und wird darauf in seiner cantzley ein schriftlicher abschied, was gehandelt und geschlossen worden, verfasset, und in beyseyn des herrn und sämtlicher stände, öffentlich abgelesen, mit dem landesherrlichen siegel und unterschrifft bekräfftiget, und so wohl in des herrn cantzeley, als in denen brieffverwahrungen der landes-stände, so viel classen derselben seyn, etliche mahl beygeleget, für einen schluß und gesetz des landes gehalten, in offenen ausschreiben und patenten verkündet, und die landes-stände mit gnädigen danck und erbieten wieder nach hause gelassen.

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