GHDI logo

Politische Leitsätze der SPD (Mai 1946)

Seite 2 von 6    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


II. Die Sofortmaßnahmen

Die Sozialisierung hat zu beginnen bei den Bodenschätzen und den Grundstoffindustrien. Alle Betriebe des Bergbaues, der Eisen- und Stahlerzeugung und -bearbeitung bis zum Halbzeug, der größte Teil der chemischen Industrie und die synthetischen Industrien, die Großbetriebe überhaupt, jede Form der Versorgungswirtschaft und alle Teile der verarbeitenden Industrie, die zur Großunternehmung drängen, sind in das Eigentum der Allgemeinheit zu überführen.

Die Förderung des Genossenschaftsgedankens, die Lösung betrieblicher Gemeinschaftsaufgaben in Handwerk, Handel und Landwirtschaft, stärkste Unterstützung der Verbrauchergenossenschaft sind nötig.

Der gesamte Verkehr, die neu zu gestaltende Geld- und Kreditversorgung und das Versicherungswesen sind Gegenstand sozialistischer Planung.


Agrar- und Bodenreform

Eine grundlegende Agrar- und Bodenreform ist unter Enteignung der Großgrundbesitzer sofort einzuleiten. Die Neuübereignung des Großgrundbesitzes, seine Bewirtschaftung in bäuerlichem, gärtnerischem und siedlerischem Einzelbesitz oder teilweise in genossenschaftlichem, bäuerlichen Gemeinbesitz ohne eine die Wirtschaftlichkeit gefährdende Zerstückelung sind notwendig. Das ist die Voraussetzung der sozialen Gerechtigkeit auf dem Lande, der endgültigen Unterbringung von mehr Menschen, einer ersten Lösung der Flüchtlingsnot, der Förderung der Erzeugung und der Verbreiterung der Ernährungsgrundlage des deutschen Volkes.

Der Klein- und Mittelbetrieb in der Landwirtschaft, in Handwerk, Gewerbe und Handel hat in der von der Sozialdemokratie angestrebten Wirtschaftsordnung wichtige Aufgaben zu erfüllen und soll sich innerhalb dieser Grenzen entfalten.

Die deutsche Wohnungswirtschaft bedarf straffster öffentlicher Lenkung. Sie ist mit den Mitteln der Gesamtheit und nicht nur von den von der Zerstörung betroffenen Gemeinden zu betreiben. Die Wohnraumbeschaffung gehört zu den vordringlichsten Aufgaben. In der Periode der Wohnungsnot ist der Gedanke der genügenden Unterbringung aller und nicht die Erhaltung der Bequemlichkeit einzelner entscheidend.


Lastenausgleich – Finanzreform

Der Lastenausgleich fordert eine grundlegende, alles umfassende Finanz- und Währungsreform. Ein soziales Existenzminimum muß gesichert und der Massenverbrauch geschont werden. Der Lastenausgleich zwischen den Besitzenden und den Nichtbesitzenden ist so vorzunehmen, daß ein soziales Niveau ohne Privilegierte und ohne Benachteiligte entsteht.

Die deutsche Sozialdemokratie erstrebt mit ihrer Wirtschaftspolitik die ökonomische Befreiung der menschlichen Persönlichkeit. Darum ist für sie der Sozialismus das Programm der Arbeiter, Angestellten und Beamten, der geistigen Berufe und des Mittelstandes, der Bauern und aller Menschen überhaupt, die von dem Ertrag ihrer eigenen Arbeit und nicht durch das Mittel der kapitalistischen Ausbeutung leben.

Erst die Überwindung jeder Form der Ausbeutung wird den Menschen in den vollen Besitz seiner Rechte und zur Entfaltung seiner persönlichen Werte bringen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite