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Hedwig Dohm, „Was die Pastoren von den Frauen denken” (1872)

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Und worin besteht denn nun das Vergnügen? Etwa im Gefühl der Überlegenheit? Zum Teufel mit dieser läppischen Eitelkeit!

Oder soll das Vergnügen in der erziehenden Tat liegen, so begreife ich es vollkommen; aber, abgesehen davon, daß diese Tat nur in den allerseltensten Fällen von den Männern an ihren jungen Frauen geübt wird, so würde sich doch dieses „Erziehen und Lehren“ immer nur auf die in der Entwicklung begriffene weibliche Seele beziehen, nicht auf die reife Frau.

Und hierin liegt, fürchte ich, eine der Hauptquellen, aus der die Männer ihre verschrobenen Ansichten über die Frauen schöpfen. – Wenn sie vom Reiz der Unwissenheit sprechen, bevölkert sich ihre Phantasie sofort mit reizenden jungen Mädchen zwischen 16–18 Jahren, während sie die Vorstellung einer wissenschaftlichen, gebildeten Frau nicht von der einer alten, häßlichen Person trennen können. Das Weib hört auf für sie zu existieren, sobald es ihrem Vergnügen nicht mehr dient.

In der Tat mögen Naivität und Unwissenheit bei einem hübschen jungen Mädchen nicht ohne pikanten Reiz sein; an einer vierzigjährigen Frau sind sie unerträglich. Nur diejenigen Eigenschaften haben Wert, die sich in der Dauer bewähren.


(S. 65/66)

Die guten Männer reden uns ein, wir lebten unter ihrer Herrschaft wie im Paradiese.

Vergebens rufen wir uns heiser, daß wir vom Baum der Erkenntnis gegessen haben und des Paradieses nicht mehr würdig seien.

Wie der Engel im Paradies, hält der Mann das flammende Schwert in Händen, aber, der Gute, der Barmherzige, nicht um uns auszutreiben, sondern um uns gewaltsam gegen unseren Willen darin festzuhalten!



Quelle: Hedwig Dohm, Was die Pastoren von den Frauen denken. Zur Frauenfrage von Philipp von Nathusius und Herrn Professor der Theologie Jacobi in Königsberg. Berlin, 1872.

Abgedruckt in Margrit Twellmann, Die Deutsche Frauenbewegung im Spiegel repräsentativer Frauenzeitschriften. Ihre Anfänge und erste Entwicklung, 2 Bde., Bd. 2, Quellen 1843-1889. Meisenheim am Glan: A. Hain, 1972, S. 177-83.

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