Sobald die ehemaligen Nazis aus dem öffentlichen Leben und zu einem bestimmten Maß aus privaten Unternehmen entfernt worden waren, entstand eine paradoxe Situation. In gewissem Sinn war die Partei wiederhergestellt worden, indem eine große Gruppe von „Ex-Nazis“ geschaffen wurde, die in der amerikanischen Zone allein mehr als 3.500.000 Personen ausgemacht hätte. Sie wären markiert und kategorisiert und weitgehend von bürgerlichem Leben und beruflicher Tätigkeit ausgeschlossen worden. Diese große Gruppe, zusammen mit ihren Familien, Verwandten und Freunden, wäre zu einer Gruppe von „Bürgern zweiter Klasse“ innerhalb des Staates geworden und zu einem ständigen Ursprung von Unzufriedenheit und Unruhe.
Um diese Gefahr zu vermeiden, insoweit dies erreicht werden kann, ohne das Gespenst des wiederbelebten Nazismus zu wecken und in Anerkennung der Tatsache, dass nicht alle ehemaligen Mitglieder der Partei und ihrer Zweige in gleichem Maße schuldig an den Verbrechen des Nazismus waren, wurde in der amerikanischen Zone entschieden, mit der nächsten Phase des Programms fortzufahren. Die Militärregierung hatte sich der Aufgabe angenommen, festzustellen, wer im Rahmen der Direktive 24 ein Nazi gewesen war; nun sollte es in der Verantwortung der deutschen Behörden liegen, zu entscheiden, in welchem Ausmaß jede Person ein aktiver Nazi gewesen war und welchen Sanktionen er gesetzlich unterliegen sollte oder ob er entlastet werden sollte. Zu diesem Zweck wurde das deutsche „Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus“, das unter Federführung der Militärregierung entworfen wurde, im März 1946 von den verschiedenen Ländern der amerikanischen Zone verkündet. Obwohl nach den Bestimmungen des Gesetzes den Deutschen direkte Verantwortung übertragen wurde, überwachte die Militärregierung dessen Durchführung aktiv bis August 1948. Alle politischen Parteien, die zu diesem Zeitpunkt existierten, unterstützten das Gesetz.
Die allgemeinen Grundsätze dieses Gesetzes wurden folgendermaßen formuliert:
„(1) Zur Befreiung unseres Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus und zur Sicherung dauernder Grundlagen eines deutschen demokratischen Staatslebens im Frieden mit der Welt werden alle, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft aktiv unterstützt oder sich durch Verstöße gegen die Grundsätze der Gerechtigkeit und Menschlichkeit oder durch eigensüchtige Ausnutzung der dadurch geschaffenen Zustände verantwortlich gemacht haben, von der Einflussnahme auf das öffentliche, wirtschaftliche und kulturelle Leben ausgeschlossen und zur Wiedergutmachung verpflichtet.
(2) Wer verantwortlich ist, wird zur Rechenschaft gezogen. Zugleich wird jedem Gelegenheit zur Rechtfertigung gegeben.“