GHDI logo

Bericht der Auschwitzflüchtlinge Alfred Wetzler und Rudolf Vrba (Ende April 1944)

Seite 24 von 26    Druckfassung    zurück zur Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument


Ich wurde dann zur Arbeit in die DAW (Deutsche Ausrüstungswerke) kommandiert. Wir hatten dort Skier mit Farbe anzustreichen. Die vorgeschriebene Anzahl war täglich minimum 120 Stück. Wer dieses Quantum nicht fertigstellte, wurde am Abend tüchtig durchgeprügelt. Man musste schon fleißig zugreifen, um der Prügel zu entgehen. Eine andere Gruppe stellte Kisten für Granaten her. Als einmal 15.000 solcher Kisten fertig waren, stellte es sich heraus, dass sie um einige Zentimeter zu klein waren. Hierauf wurde eine Anzahl von jüdischen Häftlingen, darunter Erdelyi (er soll in Banovce Verwandte haben) wegen Sabotage erschossen.

Mitte August 1942 wurden die jüdischen Mädchen aus der Slowakei, die jenseits der Mauer untergebracht waren, nach Birkenau überführt. Ich hatte sie kurz sprechen können. Sie waren sehr herabgekommen und ausgehungert. Sie waren mit zerfetzten alten russischen Uniformen bekleidet und trugen Holzschuhe oder gingen barfuss herum. Die Haare hatten sie abgeschoren und waren ganz verwahrlost.

Am selben Tage wurden wir wieder alle streng untersucht, alle Flecktyphusverdächtigen wurden nach dem Birkenwald geschickt, wir Gesunden wurden nackt in die Ubikationen, die die Mädchen eben geräumt hatten, einquartiert. Ich erfuhr zufällig, dass beim "Aufräumungskommando" Plätze frei geworden sind. Ich habe mich gemeldet und wurde hin angestellt.

Das "Aufräumungskommando" zählte 100 Häftlinge, ausschließlich Juden. Wir wurden in eine völlig abgeteilte Ecke des Lagers gebracht, wo riesige Berge und volle Magazine von Rucksäcken, Koffern und allerhand Gepäck waren. Unsere Arbeit bestand darin, dieses Gepäck zu öffnen und die darin befindlichen Gegenstände in Koffern bzw. separaten Magazinen zu sortieren. Es gab also Koffer mit Kämmen, Spiegeln, Zucker, Konserven, Schokolade, Medikamenten. Die Koffer wurden dann laut Sorten gestapelt. Die Wäsche und Konfektion wurden in eine große Baracke gebracht, wo diese durch jüdische Mädchen aus der Slowakei sortiert und gepackt wurden. Diese Textilien wurden dann in Waggons verladen und zum Versand gebracht. Die schlechten unbrauchbaren Kleidungsstücke wurden an die Adresse:" Textilfabriken, Memel" gesandt, während die brauchbaren irgendeinem Ankleidungsheim (ich habe die Anschrift vergessen) nach Berlin geschickt wurden. Ein sehr großer Teil dieser Gegenstände wurde aber von der SS-Aufsicht gestohlen oder ist in die Taschen der hier beschäftigten Häftlinge verschwunden. Chef dieser Sortierungsarbeit, der eine Autorität in diesem Fach geworden, ist Albert Davidowie aus Spisska Nova Vos der diesen Posten noch heute bekleidet.

Kommandant der Abteilung ist der SS-Scharführer Wykleff, ein roher brutaler Mensch, der auch die Mädchen oft verprügelte.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite