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Bericht der Auschwitzflüchtlinge Alfred Wetzler und Rudolf Vrba (Ende April 1944)

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Zur Zeit, als wir in Birkenau ankamen, fanden wir dort lediglich eine enorm große Küche für 15.000 Personen vor, ferner 2 fertiggestellte und ein sich im Bau befindliches Steinhaus. Diese Bauobjekte waren mit einem gewöhnlichen Stacheldrahtzaun umgeben. Die Häuser, welche wir vorfanden, als auch jene, die später erbaut wurden, beherbergen die Häftlinge. Sie sind alle nach dem gleichen Muster gebaut. Ein jedes Haus ist etwa 30 m lang und 8 - 10 m breit. Die Wandhöhe dürfte kaum 2 m überschreiten, während der Dachstuhl unverhältnismäßig hoch, ca 5 m, ist. Es erweckt den Eindruck eines Stalles, über welchem ein großer Heuboden gebaut ist. Der Raum ist von innen nicht abgedeckt, sodass die innere mittlere Raumhöhe sich auf etwa 7 m beläuft. Der Raum wird durch eine Wand, welche durch die Mitte der Länge nach gezogen wird, in zwei Teile geteilt, wobei diese in der Mitte abgebrochen ist, um die Kommunikation zwischen den beiden Teilen des Raumes zu ermöglichen. Sowohl an den beiden Seitenwänden, als auch an beiden Seitenteilen der mittleren Teilungswand sind der ganzen Länge nach je zwei parallele Etagen in einer Höhe vom Fußboden und voneinander ca. 70-80 cm eingebaut. Diese Etagen sind durch vertikale Teilungswände auf kleine Kammern aufgeteilt. Es entstehen hierdurch drei Etagen (Fußboden und 2 Etagen aus den Seitenwänden). In einer Kammer werden normalerweise drei Personen untergebracht. Sie sind, wie es sich aus den Massen ergibt, zu schmal, um ausgestreckt liegen zu können und kaum genug hoch, um darin aufrecht sitzen zu können. Vom Stehen kann gar keine Rede sein. Auf diese Weise werden in einem Haus oder "Block" - wie sie genannt werden - 400 - 500 Personen untergebracht.

Das heutige Lager Birkenau liegt auf einem Territorium von etwa 1600 mal 850 m, welches ebenso wie das Lager Auschwitz mit einer sogenannten kleinen Postenkette umgeben ist. Anschließend wird derzeit auf einem Territorium gearbeitet, welches noch größer ist, als das bereits bestehende Lager und soll nach Fertigstellung dem bereits bestehenden Lager angeschlossen werden. Der Zweck dieser riesenhaften Vorbereitungen ist uns nicht bekannt. In einem Umkreis von 2 km ist das Lager Birkenau, ebenso wie das Lager Auschwitz mit einer großen Postenkette umgeben. Das Bewachungssystem ist das gleiche wie im Lager Auschwitz.

Die Bauobjekte, welche wir bei unserer Ankunft in Birkenau vorfanden, wurden von 12.000 russischen Kriegsgefangenen errichtet, die im Dezember 1941 hingebracht wurden. Sie arbeiteten im strengsten Winter unter solchen unmenschlichen Bedingungen, dass sie bis auf eine ganz kleine Anzahl, und zwar jene, die in der Küche beschäftigt waren, umgekommen sind. Sie waren von 1 bis 12.000 nummeriert, dies jedoch ausserhalb der laufenden, früher beschriebenen Nummerierung. Bei der Einlieferung von weiteren russischen Gefangenen erhielten diese in Auschwitz nicht die laufenden Nummern der sonstigen Häftlinge, sondern immer wieder eine Nummer von 1 - 12000 anstelle eines bereits verstorbenen Russen. Bei dieser Häftlingskategorie kann also aus der eben erteilten Nummer nicht auf die Anzahl der bisher Eingelieferten geschlossen werden. Angeblich sollen russische Gefangene von den Gefangenenlagern strafweise nach Auschwitz bezw. Birkenau versetzt werden.

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