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Dialog zwischen SPD und SED (11. September 1988)

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DLF: Zum Beispiel die eine Äußerung von Kurt Hager . . .

Eppler: Ja, gerade die über die Friedensfähigkeit. Sie war wahrscheinlich besser gemeint, als sie angekommen ist. Daß es hier Schwierigkeiten geben würde, daß es hier Interpretationen hin und her geben würde, hat uns auch nicht überrascht. Mein Eindruck ist, daß, gerade was die Interpretationen angeht, hier noch vieles in der SED im Gange ist und wir wahrscheinlich noch ein, zwei Jahre warten müssen, was dabei herauskommt. Was mich eigentlich viel mehr beunruhigt als die manchmal etwas verkrampften Interpretationsversuche, das ist die Verkürzung des Papiers in den Medien, in der öffentlichen Wahrnehmung der DDR, nämlich die Verkürzung auf das Thema Frieden. Frieden ist schließlich das wichtigste, alles andere hat sich dem Frieden unterzuordnen. Das alles ist ja auch nicht falsch. Aber dabei kommen natürlich die Hauptthemen, zum Beispiel die Zugestehung von Friedensfähigkeit, Reformfähigkeit, Existenzberechtigung nach beiden Seiten, die Verknüpfung des äußeren Dialogs, also etwa zwischen SPD und SED oder auch der SED und anderen politischen Gruppierungen in der Bundesrepublik oder in Westeuropa auf der einen Seite und des inneren Dialogs, innerhalb der Gesellschaften bei uns und dort im Augenblick, wesentlich zu kurz. Aber das heißt nicht, daß man dem abgeschworen hat, sondern daß man sich offenbar im Augenblick noch nicht in der Lage sieht, diesem Teil des Papiers voll gerecht zu werden. Gut, wir haben einigermaßen Geduld und müssen vielleicht noch hinzufügen, was die Friedenspolitik angeht, die Bereitschaft, in Sicherheitsfragen mit westlichen Kräften, auch der SPD, konstruktiv zusammenzuarbeiten, da haben wir eigentlich keine Enttäuschungen erlebt, sondern das geht in der DDR gut weiter. Die Schwierigkeit liegt zur Zeit in der Umsetzung des Papiers nach innen.

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DLF: Schließt eigentlich der Wandel im Verhältnis von SPD und SED auch einen Wandel der SPD zur DKP ein? Das wäre doch logisch gedacht.

Eppler: Darüber haben wir von Anfang an auch nachgedacht. Ich gestehe Ihnen, daß ich im Laufe des letzten Jahres meine Meinung in dieser Sache etwas geändert habe. ich habe ursprünglich gesagt, die SED ist eine der regierenden Parteien in Zentralosteuropa, also im Bereich des Warschauer Paktes. Wir sind eine der demokratischen Parteien der Bundesrepublik Deutschland. Auf dieser Ebene haben wir das Papier gemacht, nicht mit irgendeiner kleinen Partei in der Bundesrepublik Deutschland. Daran möchte ich natürlich festhalten. Aber es hat sich nun ein anderes Problem ergeben. Wenn wir der SED sagen, wo bleibt eigentlich bei euch der innere Dialog, in der DDR etwa mit den Kräften, die sich nicht zur SED bekennen, und zwar nicht nur die Blockfreien, sondern ich meine jetzt Kirchen oder Friedensgruppen oder Ökologiegruppen, was es da so gibt, dann bekommen wir gelegentlich die Gegenfrage: Wie haltet ihr es eigentlich mit der DKP? Das heißt, ist es nicht bei euch auch so, daß ihr Gruppen, in diesem Fall allerdings eine sehr kleine Gruppe, aus dem inneren Dialog ausklammert? Ich glaube, diese Gegenfrage ist nicht unberechtigt. Das habe ich nachgerade gelernt. Das heißt nicht, daß wir uns nun mit der DKP verbrüdern, daß wir irgendwelche Aktionsgemeinschaften machen. Es muß aber wohl heißen, daß wir die DKP nicht grundsätzlich aus dem inneren Dialog in unserer Republik ausklammern, weil wir sonst selber den Ansprüchen des Papiers nicht gerecht werden.

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