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Das Politbüro wird unterrichtet (15. September 1987)

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– Erwartung, daß die konkreten Fragen zum Bezug und zur Lieferung von Elektroenergie zwischen der DDR und der BRD unter Einbeziehung von Berlin (West) auf der kommerziellen Ebene gelöst werden und die entsprechenden Verhandlungen zum Abschluß langfristiger Vereinbarungen führen.

– Übereinstimmung, daß Fortschritte in den weiteren Verhandlungen zur Reduzierung der Salzbelastung der Werra möglich sind, wenn Einvernehmen über den Einsatz des in der BRD vorhandenen Verfahrens zur umweltschonenden Aufbereitung von Kali-Salzen unter Berücksichtigung der ökonomischen Interessen beider Seiten erzielt wird.

– Vertrauliche Zusicherung H. Kohls und E. Albrechts, sich für eine einvernehmliche Regelung der Frage der Elb-Grenze einzusetzen.

Erklärung E. Honeckers, in diesem Fall neben dem Abschluß der bereits weitgehend ausgehandelten Vereinbarungen zum Binnenschiffsverkehr, Sportbootverkehr, Hochwasserschutz und zur Fischerei Verhandlungen über den Gewässerschutz der Elbe aufzunehmen sowie Hannover, Hamburg und Kiel in den grenznahen Verkehr einzubeziehen.

– Zusage der DDR, einige Erleichterungen im Reise- und Besucherverkehr, einschließlich Berlin (West), einzuführen (Veränderungen bei den Einfuhrbestimmungen, Gestattung der Einreise für ehemalige DDR-Bürger, die vor dem 1. Januar 1982 die DDR verlassen haben, sofern es sich nicht um unerwünschte Personen handelt, Mitführung von Fahrrädern als Reisegebrauchsgegenstände). Absicht, intern und informell über einige mit Westberlin zusammenhängende Fragen weiter zu sprechen.

– Übereinstimmung, bei der Bekämpfung von AIDS noch enger zusammenzuarbeiten.

Bedeutungsvoll ist, daß zum ersten Mal eine Begegnung zwischen den beiden Außenministern auf deutschem Boden, im Amtszimmer von BRD-Außenminister Genscher, stattfand und weiter derartige Begegnungen vereinbart wurden.

6. Der Besuch leitete damit eine neue Etappe in den bilateralen Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten ein. Es wurde deutlich, daß neue positive Ergebnisse auf dem Weg der Normalisierung der Beziehungen zum Wohl der Völker in Europa und in beiden Staaten möglich sind, wenn von der realen Lage ausgegangen wird, d. h. von der Tatsache, daß im Ergebnis des zweiten Weltkrieges und der Nachkriegsentwicklung zwei souveräne, voneinander unabhängige deutsche Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und Bündniszugehörigkeit entstanden sind.

7. Der Besuch des Genossen Erich Honecker fand international und in den Medien der BRD ein außergewöhnlich großes Echo. In allen Weltagenturen und bedeutenden Zeitungen wurden der Besuch, sein Verlauf und seine Ergebnisse als bedeutendes Ereignis der Nachkriegsgeschichte hervorgehoben, mit dem der Entwicklung nach 1945 Rechnung getragen wurde. In der BRD war die Berichterstattung ausführlich, überwiegend sachlich und korrekt. Der Besuch gab eine breite Möglichkeit, die internationale und die Öffentlichkeit der BRD mit dem Standpunkt der DDR zu internationalen Grundfragen, ihrer Friedenspolitik und ihrem konstruktiven Verhalten in den bilateralen Beziehungen vertraut zu machen. [ . . . ]



Quelle: SED-Politbürovorlage vom 15. September 1987 über den offiziellen Besuch von Erich Honecker in der Bundesrepublik Deutschland vom 7. bis 11. September, SAPMO-Bundesarchiv, DY 30/1 IV 2/2A/3054; abgedruckt in Andreas Herbst et al., Hg., Die SED. Geschichte, Organisation, Politik. Ein Handbuch. Berlin, 1997, S. 788-94.

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