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Richtlinien der Zensur II (1914)

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Leitsätze:

1. Ein Zweifel an der nationalen Gesinnung und Entschlossenheit irgendeines Deutschen, einer Partei oder Zeitung wirkt in hohem Maße nachteilig, weil er den Eindruck der deutschen Einheit und Energie beeinträchtigt.

2. Der deutsche Sieg bedeutet für viele fremde Völker die Befreiung von russischer Despotie und englischer Welthegemonie und nicht Unterdrückung. Es muß unserer Sache schaden, wenn deutscherseits eine gegenteilige Ansicht zum Ausdruck gebracht wird.

3. Die Sprache gegenüber den uns feindlichen Staaten kann hart sein. Eine beschimpfende, den Gegner unterschätzende Tonart aber ist kein Zeichen von Kraft. Die Reinheit und Größe der Bewegung, die unser Volk erfaßt hat, erfordert eine würdige Sprache.

4. Die im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers von dem Reichskanzler geleitete auswärtige Politik darf in dieser kritischen Zeit, die über ein Jahrhundert entscheidet, durch keine offene und versteckte Kritik gestört und behindert werden. Zweifel an ihrer Festigkeit zu äußern, schadet dem Ansehen des Vaterlandes. Das Vertrauen in sie muß gehoben und darf ebensowenig erschüttert werden, wie das Vertrauen in die militärische Führung.

5. Aufforderungen zu barbarischer Kriegsführung, Vertilgung fremder Völker sind abstoßend; die Armee weiß, wo Strenge und Milde zu walten hat. Unser Schild muß rein bleiben. Ähnliche Aufforderungen der feindlichen Hetzpresse sind für ein gleiches Verhalten unsererseits keine Entschuldigung.



Quelle: Schreiben des preußischen Kriegsministeriums an die Militärbefehlshaber: Übermittlung und Erläuterung der Ergänzungen des Merkblattes für die Presse, 9. November 1914, Bundesarchiv/Militärarchiv, Freiburg i. Br., MA/RMA, Nr. 2049, XVII. 1. Mai 1933, Bd. 1, Abschrift.

Abgedruckt in Wilhelm Deist, Militär und Innenpolitik im Weltkrieg 1914-1918. 2 Bände, Düsseldorf: Droste, 1970, Band 1, S. 81-83.

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