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Proteste von Umweltschützern gegen den Bau eines Atomkraftwerks in Wyhl (1975)

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2. Unter der Bühne saßen nebeneinander aufgereiht die Gutachter für meteorologische, hydrologische, radiologische Fragen usw., Beamte und Professoren, eine ebenfalls neutrale, wertfreie und kompetente Instanz. Komisch nur, daß sie alle hinter dem Schwall wissenschaftlicher Terminologie unisono den gleichen Refrain sangen: Das KKW ist nicht schädlich, im Gegenteil, es wird in jeder Hinsicht segensreich sein. Das Publikum lachte dann, denn ihm war aus unzähligen Veranstaltungen vorher durchaus bekannt, daß diese Gutachter für Bezahlung das Gewünschte abliefern, lügen, und dazu noch schlampig arbeiten. Als das KKW Fessenheim geplant worden war, hatten sie den Franzosen erklärt, der Wind verwehe den Kühlturmdampf, nach Osten, ins Badische. Als es dann um Breisach ging, war diese Wissenschaft umgekehrter Ansicht, da ging der Wind plötzlich nach Westen. [ . . . ]

3. Vorne links im Saal saßen die Vertreter der Betreiber, KERNKRAFTWERK SÜD GmbH (Badenwerkstochter) und der Hersteller, KRAFTWERKSUNION (AEG und Siemens), in Bussen angekarrte Technokraten aus Karlsruhe, Stuttgart und anderswoher, die dann und wann belästigt ans Saalmikrofon traten, um den harthörigen Bauern mal wieder die Zweifel auszureden. Einzelne waren dem Publikum schon namentlich bekannt. Man wußte, daß sie ausschließlich Profitinteressen vertreten, aber von der »Versorgung« der Bevölkerung reden. Man wußte, daß man jedem Staubsaugervertreter mehr trauen kann als denen. Und daß sie das ungebildete Volk verachten. Denn diese Herren traten schon 1972 in Breisach auf. Damals hatte die Regierung das Projekt allerdings kurz vor den Landtagswahlen fallenlassen, denn die Winzer drohten mit Wahlenthaltung. Und in der Gegend von Wyhl hatten sich die Herren Braun, Stäbler und Co. bei Badenwerks-Propaganda-Veranstaltungen einen Namen gemacht, seit die Regierung am 14. Mai 1973 Wyhl als neuen KKW-Standort bestimmt hatte.

Diese ganze aufgeblasene Blase wurde noch ergänzt durch eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei im Keller und »Kripo-Spitzel«, die überall mithören wollten, was gesprochen wurde, selbst wenn man sie wegschickte.

Die Einheitlichkeit dieser KKW-Front machte das Publikum so aggressiv, daß jeder aus dem uneinheitlichen Haufen der Kernkraftwerks-Gegner beklatscht wurde, weil er wenigstens »zu uns« gehört.

Vorne rechts im Saal saßen die Einsprecher, Umweltschützer, Bürgermeister, Bürgerinitiativen. Sie hatten in kurzer Zeit 95000 Unterschriften für Einsprüche gesammelt und lange wissenschaftliche und juristische Einsprüche verfaßt.

Die Sprecher der Umweltschutzgruppen (Studenten, Professoren, Lehrer, Ärzte) waren dem Publikum ebenfalls bekannt, als Gegenspieler der Technokraten.

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