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Das Gründungsprogramm der Nationalliberalen Partei (12. Juni 1867)

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Die Entfernung des ständischen Prinzips aus den Gemeinde-, Kreis- und Provinzialverfassungen und die Reform derselben nach den Grundsätzen der Gleichberechtigung und Selbstverwaltung; die Aufhebung der gutsherrlichen Ortsobrigkeit und gutsherrlichen Polizei.

Der Aufschwung des Vaterlandes bedarf dieser sicheren und breiten Grundlagen, die wachsende Größe des Staatsgebietes vermehrt die Gefahren der bürokratischen Einwirkungen, und die in den Verfassungen anerkannten Grundsätze des modernen Rechtes sind unverträglich mit der Herrschaft des auf Bevorzugung und Privilegien beruhenden Systems in der Gemeindeverwaltung. Die Bevölkerung aber, die städtische wie die ländliche, hat in den großen und willigen Leistungen zu dem letzten Kriege das Anrecht erneuert, ihre dringendsten Wünsche endlich erfüllt zu sehen.

Unter den anderen zahlreichen Gegenständen nennen wir: den Schutz des Rechtszustandes durch unabhängige Richter; die Unabhängigkeit und Erweiterung des Rechtsweges; die Revision der Gesetze über die Kompetenzkonflikte und die Administrativjustiz; die Ausdehnung der Geschworenengerichte auf alle politischen Strafsachen unter Aufhebung des Staatsgerichtshofes; die Abschaffung der Kautionen und der Steuer für Zeitungen und Zeitschriften.

Eingedenk ihrer schweren Verantwortlichkeit und treu ihren früher ausgesprochenen Grundsätzen hat die Partei in den Tagen der Gefahr und der Entscheidung den Frieden im Innern auf den Grundlagen des verfassungsmäßigen Rechtes hergestellt, die Mittel reichlich gewährt und die Rüstungen gutgeheißen, welche die freie Wirksamkeit des preußischen Landes sichern sollten. Für die Ehre und Machtstellung des Vaterlandes werden wir ferner in gleichem Sinne handeln. Doch spornen die Lasten der chronischen Kriegsbereitschaft uns an, die neuen Zustände in Deutschland schnell zu befestigen, um bald, jedenfalls nicht später als mit dem Ende des Provisoriums, zu der so notwendigen Sparsamkeit eines wirklichen Militärfriedensetats zu gelangen. Inzwischen muß die in der Reichsverfassung zugesicherte Verkürzung der Kriegsdienstpflicht bis zum vollendeten 32. Lebensjahre schnell verwirklicht und auf jede mögliche andere Entlastung hingewirkt werden.

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