Die Mobilisierung griff das Gleichgewicht der gesellschaftlichen und politischen Kräfte Deutschlands schwer an. Die deutsche Regierung erkannte, dass der Krieg ohne die aktive Unterstützung der Arbeiterbewegung nicht zu gewinnen war und machte den größtenteils demokratisch gesinnten Gewerkschaften bedeutende Zugeständnisse (Dok. 1, 2, 3). Daraus folgte, dass die Industriearbeiter in mancherlei Hinsicht besser mit der wachsenden materiellen Knappheit zurechtkamen, welche überall einsetzte und sich am schmerzlichsten bei der Versorgung mit Lebensmitteln und Kohle bemerkbar machte. Die Rationierung verhinderte weder die Inflation noch einen blühenden Schwarzmarkt, ebenso wenig konnte sie dem weithin schwindenden Durchhaltevermögen der Bevölkerung Einhalt gebieten (Dok. 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10). Unter diesen Vorzeichen bildete sich innerhalb des radikalen Flügels der Sozialdemokratischen Partei eine politische Opposition, vor allem nachdem die Russische Revolution 1917 einen Weg zur Beendigung des Krieges aufzuzeigen schien (Dok. 11, 12, 15, 19). Die Gründung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei im Frühjahr 1917 markierte die Spaltung der deutschen sozialistischen Arbeiterbewegung (Dok. 16). Die Bemühungen, der wachsenden Opposition gegen den Krieg entgegen zu wirken, reichten von einer deutlich stärkeren Unterdrückung von Agitatoren bis hin zu dem Versuch, die öffentliche Meinung durch die Aussicht auf einen militärischen Sieg zu begeistern (Dok. 14, 17). Daher waren Fragen der Außen- und Innenpolitik 1917 aufs engste miteinander verzahnt. Die Vertreter eines gemäßigten Kompromissfriedens befürworteten gleichzeitig die Umgestaltung Deutschlands in eine parlamentarische Demokratie, während die Kräfte, die einen „Siegfrieden“ forderten, das autoritäre politische System verteidigten (Dok. 18, 20, 21, 22, 23).
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