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Überblick: Reichsgründung: Bismarcks Deutschland 1866-1890
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Überblick: Reichsgründung: Bismarcks Deutschland 1866-1890   |   1. Demographische und ökonomische Entwicklung   |   2. Gesellschaft   |   3. Kultur   |   4. Religion, Bildung, Sozialwesen   |   5. Politik I: Reichsgründung   |   6. Militär und internationale Beziehungen   |   7. Politik II: Parteien und politische Mobilisierung

Wenn die Anführung all dieser Vorzeichen einer verheerenden Zukunft den Anschein vermittelt, als würde die Geschichte rückwärts gelesen, dann sollte man sich auf die Ansichten der zeitgenössischen Deutschen einstellen, die eben nicht wussten, wie die Geschichte enden würde. Genau dabei helfen die in diesem Band enthaltenen Dokumente und Bilder. Bei der Untersuchung dieser Quellen entdeckt man, dass jene Deutschen, die sich auf der richtigen Seite der Klassen-, Religions-, und Geschlechtergrenzen befanden, das Leben in den 1870er und 1880er Jahren eher als stabil und vorhersagbar betrachteten. Ihre Äußerungen zum Zeitgeist sind häufig selbstgerecht, und es lässt sich beobachten, wie sie in der offiziellen Ikonographie der Zeit selbstgefällig posieren. Für andere Deutsche dagegen war das Leben brutal, streng kontrolliert und offenkundig ungerecht. Auch sie fühlten den Puls der Zeit – in ihren Tagebüchern, Autobiografien, Briefen, Parteiprogrammen und Parlamentsreden (wobei die Liste beispielhaft, aber keineswegs vollständig ist). Ihr Streben nach Besserem ist den hier präsentierten Bildern ebenfalls zu entnehmen. Wie differenziert man aber eine Gruppe von einer anderen, und wie findet man einen Platz für die Deutschen, die sich in keine der Gruppen säuberlich einteilen lassen? Vielleicht kann man Antworten auf diese Fragen finden, indem man Max Webers drei Hierarchien: Ehre (Prestige), Vermögen und Macht in Betracht zieht. Doch der Vergleich der in diesem Band anhand von quantitativen und nicht-quantitativen Dokumenten erzählten Geschichten veranschaulicht, wie schwierig es ist, den objektiven Platz der Deutschen innerhalb dieser drei Sphären ihren subjektiven Reaktionen auf einen Auf- oder Abstieg in der gesellschaftlichen Rangordnung zuzuordnen. Daher sind die Quellen in diesem Band anders gruppiert worden.

Sowohl die Dokumente als auch die Bilder sind in sieben Kapitel aufgeteilt: Demographische und ökonomische Entwicklung; Gesellschaft; Kultur; Religion, Bildung und Sozialwesen; Politik I: Reichsgründung; Militär und internationale Beziehungen; sowie Politik II: Parteien und politische Mobilisierung. Jedes dieser Kapitel ist wiederum in mehrere Unterabschnitte eingeteilt, die einzelne Themen in größerem Detail aufgreifen. Und innerhalb dieser Abschnitte wird häufig Bezug genommen auf einzelne Dokumente (D) und Bilder (B), wobei gewöhnlich ein Link bereitgestellt wird, damit der Leser sich direkt zu diesen Primärquellen durchklicken kann.

Der Aufbau dieser Materialien in Kapitel und Abschnitte sollte den Leser nicht davon abhalten, an diese Sammlung von Text- und Bildquellen als Einzeldarstellung heranzutreten, als Geschichte der Entwicklung Deutschlands von 1866-1890, und daraus weiterführende Schlüsse zu ziehen. Tatsächlich verlaufen übergeordnete Themen wie ein roter Faden durch diesen Band. Vier Themenkomplexe werden in den folgenden Ausführungen benannt und erläutert. Der Leser wir dazu ermuntert, sie an verschiedenen Stellen dieses Bandes in Betracht zu ziehen – und selbstverständlich neue zu erkennen.


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