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Überblick
Druckfassung

Überblick   |   1. Die Vertiefung der Teilung   |   2. Der Konflikt zwischen Demokratie und Dikatur   |   3. Probleme der sozialen Marktwirtschaft   |   4. Umgang mit sozialen Konflikten   |   5. Verunsicherungen der Moderne   |   6. Erfolg im Westen – Scheitern im Osten

Eine letzte Schwierigkeit im Umgang mit deutscher Nachkriegsgeschichte stellt die Wahl eines angemessenen thematischen Blickwinkels dar, der mehrere der zentralen Entwicklungen ins Licht rückt. Sollte der Historiker vor allem den nach der Katastrophe einsetzenden Lernprozess betonen, der zur „Verwestlichung“ der Bundesrepublik, zur Amerikanisierung ihrer Populärkultur und ihres Konsumverhaltens führte und damit gleichzeitig dazu beitrug, eine lebendige Zivilgesellschaft wiederaufzubauen? Ein solcher Blickwinkel würde den gescheiterten „Sowjetisierungsversuch“ der Deutschen Demokratischen Republik ausblenden, der ohnehin nicht unter die Oberfläche der Gesellschaft drang und von der ostdeutschen Bevölkerung abgelehnt wurde, sobald diese die Gelegenheit dazu hatte (7). Oder sollte der Historiker statt dessen neuere transnationale Entwicklungen in den Vordergrund stellen, wie die Abschwächung des Kalten Krieges, den Übergang zu postindustriellen Wirtschaftsstrukturen und die Entstehung der Postmoderne als eines kulturellen Trends? Während erstere zum wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR beitrugen, gelang es letzterer kaum, den Eisernen Vorhang zu durchdringen (8).

Die folgenden Dokumente sollen allen Interessierten erlauben, sich ihr eigenes Bild von diesen grundlegenden Fragestellungen zu machen. Anstatt sich streng an vorgegebene Kategorien zu halten, sind die Quellen sechzehn wichtigen Ereigniszusammenhängen zugeordnet, die ihrerseits grob chronologisch präsentiert werden, ausgehend vom Bau der Berliner Mauer im August 1961 bis zu ihrer Infragestellung im Sommer 1989. Um der Gefahr ideologischer Voreingenommenheit zu begegnen, finden sich in der Sammlung zu besonders umstrittenen Themen Aussagen, die gegensätzliche Meinungen vertreten. Innerhalb jedes Ereigniszusammenhangs stellt die Quellenauswahl ost- und westdeutsche Beispiele gegenüber, um so deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede hervorzuheben. Aufgrund des historischen Erfolgs des westlichen Modells wird den Ereignissen in der Bundesrepublik jedoch mehr Platz eingeräumt als der DDR. Schließlich möchte dieser Band ein breit gefächertes Bild von den Ereignissen und ihrer Bewertung präsentieren, ausgehend von den internationalen Beziehungen und der Innenpolitik, aber unter Einbeziehung von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, um die schwierige Wahl des thematischen Fokus durch die Präsentation einer großen Bandbreite verschiedener Quellenmaterialien zu erleichtern.



(7) Heinrich-August Winkler, Der lange Weg nach Westen (München, 2000), 2 Bde.; Konrad H. Jarausch und Hannes Siegrist, Hg., Amerikanisierung und Sowjetisierung in Deutschland 1945-1970 (Frankfurt am Main, 1997).
(8) Andreas Rödder, Die Bundesrepublik Deutschland 1969-1990 (München, 2004).

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