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6. Militär und internationale Beziehungen
Druckfassung

Überblick: Reichsgründung: Bismarcks Deutschland 1866-1890   |   1. Demographische und ökonomische Entwicklung   |   2. Gesellschaft   |   3. Kultur   |   4. Religion, Bildung, Sozialwesen   |   5. Politik I: Reichsgründung   |   6. Militär und internationale Beziehungen   |   7. Politik II: Parteien und politische Mobilisierung

Die Anziehungskraft der Kolonien hatte jedoch Grenzen. Friedrich Kapp (D19) und andere lieferten überzeugende Kritikpunkte am kolonialen Chauvinismus. Im Lauf der Zeit begannen viele Deutsche die Einschätzung Kapps zu teilen. Sie begriffen auch, dass Bismarck nicht falsch gelegen hatte, als er sich sorgte, Deutschland würde selbst von einer „pragmatischen“ Herangehensweise, wonach die wirtschaftliche Kontrolle der Überseegebiete sich auf die Aktivitäten kaiserlich privilegierter Handelsgesellschaften stützte und nicht auf staatliche Initiative („die Flagge folgt dem Handel“) (D23, B12) nur geringfügig, wenn überhaupt, profitieren (D22). Die oft brutale Behandlung der einheimischen Afrikaner lieferte den Sozialdemokraten reichlich Munition, um Deutschlands territoriale Expansion in Übersee anzuprangern (D24). Satirezeitschriften verspotteten zudem die Behauptungen, dass koloniale Eroberungen eine „zivilisatorische Mission“ im Namen der gesamten Menschheit darstellten (B17). Nichtsdestoweniger waren der unermüdliche Peters und andere immer bereit, solche Kritikpunkte mit weitergehenden Behauptungen über den wirtschaftlichen, nationalen und kulturellen Nutzen von Kolonien zu beantworten – die ebenso vehement wie unerträglich ausfielen. Bisweilen wiesen sie auf die Gefahr hin, die sozialistischen Kritiker des Kolonialismus überhaupt anzuhören (D25). Sei es die Gegnerschaft zu Kolonien oder die Befürwortung von mehr Expansion in Übersee, solche Erklärungen brachten ein wachsendes Unbehagen bei den Nationalisten zum Ausdruck, dass Deutschlands Mission in der Welt im Rahmen der durch Bismarcks Herrschaftssystem und -stil auferlegten Einschränkungen nicht zu realisieren sein würde.


Weiterführende Literatur: Militär und internationale Beziehungen

Klaus Bade, Friedrich Fabri und der Imperialismus in der Bismarckzeit. Revolution – Depression – Expansion, Freiburg i.Br. und Zurich, 1975.

Konrad Canis, Bismarcks Außenpolitik 1870-1890. Aufstieg und Gefährdung, Paderborn, 2004.

Sebastian Conrad, Globalisierung und Nation im Deutschen Kaiserreich, München, 2006.

Sebastian Conrad und Jürgen Osterhammel, Hg., Das Kaiserreich transnational. Deutschland in der Welt 1871-1914, Göttingen, 2004.

Stig Förster und Jörg Nagler, Hg., On the Road to Total War: The American Civil War und the German Wars of Unification, 1861-1871, Cambridge und New York, 1997.

Sara Friedrichsmeyer, Sara Lennox, und Susanne Zantop, Hg., The Imperialist Imagination: German Colonialism and its Legacy, Ann Arbor, 1998.


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