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Spottbild auf Ultramontanismus und Obskurantismus in der römisch-katholischen Kirche (um 1847)

Der Hintergrund zu dieser anti-römisch-katholischen Karikatur ist die Gründung der deutsch-katholischen Kirche 1845. In jenem Jahr rief der katholische Priester Johannes Ronge (1813-1887; Zweiter von links), der aufgrund eines offenen Briefes, in dem er abergläubischen Götzendienst (die Verehrung von Reliquien wie dem Heiligen Rock von Trier) angegriffen hatte, exkommuniziert worden war, zur Schaffung einer aufgeklärten und von Rom unabhängigen deutsch-katholischen Kirche auf. Die Reformbewegung fand zudem Unterstützung seitens der evangelischen Kirche (vertreten durch den protestantischen Geistlichen ganz links) und Robert Blums (1807-1848), der in der Folge die demokratische Linke in der Revolution von 1848 anführte, bevor er im November 1848 von kaiserlichen Truppen in Wien hingerichtet wurde. Auf der linken Seite der Lithografie ist das prächtige Gebäude der funkelnden neuen Kirche zu sehen, deren Gründungsjahr 1845 von Lichtstrahlen umleuchtet in der Luft schwebt. Die um die Kirche versammelte große Schar von Kirchgängern zeugt von ihrer Beliebtheit. Im Vordergrund links geben die einfach gekleideten Gestalten Ronges, Blums und des evangelischen Priesters ein aufrechtes, ordentliches Trio ab. Alle drei Männer haben Botschaften für die ungezügelte Menge römisch-katholischer Mönche und prächtig gekleideter Priester, welche die dunklere Hälfte des Bildes einnehmen. Der evangelische Priester hält ein Blatt mit der Aufschrift „Rechtfertigung“ hoch (ein Bezug auf das reformistische Prinzip der Rechtfertigung des sündigen Menschen allein durch den Glauben, nicht durch gute Werke); Ronge konfrontiert die Gruppe mit der Lehre der deutsch-katholischen Kirche und Blums Botschaft scheint darauf hinzudeuten, dass diese neue Kirche im gesamten Deutschen Reich Fuß fassen würde. Den Katholiken, die vermutlich angstvoll zurückschrecken, mangelt es an keinem jener äußerlichen Attribute von Reichtum, Prunk, Zeremoniell und Aberglauben, für die sie seit den Tagen Martin Luthers kritisiert wurden: Sie sind beispielsweise gekommen mit dem Heiligen Rock, mit Rosenkränzen und Weihrauchfässern. In ihrer panikartigen und ungeordneten Flucht haben sie zwei Gegenstände fallen lassen, eine „Bann-Bulle“ (also eine päpstliche Urkunde über die Verhängung der Exkommunikation) und eine „päpstliche Bulle“ (einen offiziellen päpstlichen Erlass). Lithografie eines unbekannten Künstlers, um 1847.

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Spottbild auf Ultramontanismus und Obskurantismus in der römisch-katholischen Kirche (um 1847)

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