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Antifaschistisches Bild: „Hurra, die Butter ist alle!” (19. Dezember 1935)

Die Arbeiter Illustrierte Zeitung (AIZ) erschien von 1921 bis 1938 wöchentlich in Berlin und Prag und war eine linksgerichtete Publikation, die sich zunächst mit Berichten über den Aufbau des Sowjetstaates in Russland beschäftigte, später aber auch Themen der deutschen Arbeiterklasse aufgriff und sich die politische Aufklärung der Arbeiter zum Ziel machte. Gegründet wurde die Zeitschrift von dem Kommunisten Willi Münzenberg, der Textbeiträge, Illustrationen und Fotoreportagen bekannter Schriftsteller und Künstler wie George Grosz, Maxim Gorki, Käthe Kollwitz, John Heartfield, Anna Seghers, Erich Kästner und Kurt Tucholsky veröffentlichte. Bis zu Hitlers Machtübernahme war die Auflagenzahl auf über 500.000 gewachsen, 1933 musste die Publikation allerdings ins Exil nach Prag verlegt werden, wo sie noch bis 1938 erschien.

Diese Fotomontage des dada-Künstlers John Heartfield aus dem Jahr 1935 entstand als Persiflage auf eine Rede Hermann Görings, aus der unten im Bild das Zitat zu lesen ist: „Erz hat stets ein Reich stark gemacht, Butter und Schmalz haben höchstens ein Volk fett gemacht.“ Göring, der neben anderen Ämtern auch Bevollmächtigter für den Vierjahresplan war und insofern für die industrielle und militärische Aufrüstung verantwortlich, forderte wiederholt eine Erhöhung der Produktionskapazitäten zur Steigerung der Ausbeutung einheimischer Erze. 1937 führten seine Forderungen zur Gründung der staatseigenen „Reichswerke Hermann Göring“, die mit der alteingesessenen Eisenindustrie im Ruhrgebiet in Konkurrenz traten. Das hier verwendete Zitat aus seiner 1935 in Hamburg gehaltenen Rede ist ein Beispiel der aggressiven, militaristischen Rhetorik, mit der die deutsche Bevölkerung darauf eingeschworen werden sollte, für das Erreichen der „Wiederwehrhaftmachung“ Deutschlands auch wirtschaftliche Härten – wie etwa die Knappheit an Nahrungsmitteln – zu erdulden. Auf Heartfields Fotomontage ist eine deutsche Familie zu sehen, die durch verschiedene Details als NS-linientreu und patriotisch identifiziert wird: an der Wand mit Hakenkreuz-Tapete hängt ein Portrait Hitlers, auf dem Sofakissen ist Hindenburg zu erkennen und das links oben an der Wand zu sehende Zitat „Lieb Vaterland magst ruhig sein“ stammt aus dem patriotischen Lied „Die Wacht am Rhein“. In ihrer blinden Gefolgschaft zum NS-Regime scheint diese Familie sogar vergessen zu haben, dass man Eisen nicht essen kann und jubelt stattdessen ihrem Führer entgegen „Hurrah, die Butter ist alle!“

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Antifaschistisches Bild: „Hurra, die Butter ist alle!” (19. Dezember 1935)

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