GHDI logo


„Souveränitätserklärung des [deutschen] Volkes zwischen Maas, Rhein und Mosel” (13. November 1797)

Die genaue Zahl der deutschen Parteigänger der Französischen Revolution – der deutschen Jakobiner – ist schwer festzustellen, doch Mitte der 1790er Jahre gewannen sie an Stärke, besonders im Westen und Süden Deutschlands. In den Jahren 1792-93 gelang ihnen die Errichtung einer kurzlebigen Republik in der wichtigen Stadt Mainz. In der Folge beabsichtigten sie die Schaffung einer deutschen Republik auf dem linken Rheinufer, doch als die französische Politik die Annexion dieser Region „diesseits“ des Rheins in die Französische Republik verfügte, änderten die deutschen Jakobiner ihren Standpunkt entsprechend und verfassten die hier in Auszügen als eine „Souveränitätserklärung“ wiedergegebene Verlautbarung, das heißt, die Abspaltung vom Heiligen Römischen Reich. Dieser Text veranschaulicht die verschiedenen Stränge der Kritik gegenüber dem Deutschland des Ancien Regime sowie der liberalen Aufklärungsideologie, aus denen sich die abgehobene Geisteshaltung der deutschen Jakobiner zusammensetzte.

Druckfassung     Dokumenten-Liste
vorheriges Dokument      Beginn des nächsten Kapitels

Seite 1 von 3


Seufzend unter dem Joche unserer Tyrannen, niedergebeugt durch den Despotismus der Monarchie küßten wir die Hand, die uns schlug, und wagten nicht einmal den Gedanken an eine Umwälzung, die all’ jene Übel beendigen könnte. Unsere Bedrücker sahen, daß ihre Verbrechen ungeahndet blieben; verblendet dadurch, sannen sie auf Mittel, den grenzenlosen Despotismus noch zu vermehren, verbanden sich mit den Verschwörern, die das wiedergeborene Frankreich aus seinem Schoße ausgespieen, als auf einmal das französische Volk die Könige auf ihren wankenden Thronen erschütterte, die Völker Zeugen der Siege der großen Nationen wurden, welche die unveräußerlichen Rechte des Menschen proklamierte. In unsern natürlichen Zustand wiederhergestellt, sagten wir: Die Tyrannen sind nur groß, weil die Völker vor ihnen knien. Stehet auf, Völker! und die Tyrannen liegen zu euren Füßen. Innigst überzeugt, daß ohne Ausübung demokratischer Grundsätze kein Gemeinwohl denkbar ist; durch Erfahrung belehrt, daß die Völker, welche davon abweichen, nie den Zweck erreichen können, den sie bei der Bildung in Gesellschaften sich vorsetzten, haben wir beschlossen, die Bande der Knechtschaft zu zerreißen, die uns bisher gefesselt hielten.

Aus diesen Gründen [ . . . ]

Die Patrioten, welche das Volk zwischen Maas, Rhein und Mosel durch die Wiedereroberung der unveräußerlichen Naturrechte repräsentieren, erwägend dieses alles, proklamieren im Angesichte des Höchsten Wesens die Volkssouveränität und erklären wie folgt:

1) Die ehemaligen Prinzen oder sog. Souveräne dieser Länder sind Feinde der Nation und auf immer aus diesen Gegenden verbannt;

2) die Bewohner besagter Länder sind frei und unabhängig;

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite