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Hilfsdienstgesetz (Dezember 1916)

Das Hilfsdienstgesetz war das nachhaltigste Ergebnis des Hindenburgplans. Das Gesetz machte für alle tauglichen Deutschen den Hilfsdienst im Krieg obligatorisch und beschnitt die Freiheit der Beschäftigten, den Arbeitsplatz zu wechseln. Nach einer erbitterten parlamentarischen Auseinandersetzung erkannte der Staat in dem Bemühen, die Arbeiterklasse für die Kriegsanstrengungen zu organisieren, zum ersten Mal die Gewerkschaften an. Die Verabschiedung des Gesetzes zu diesen Bedingungen war eine Geste mit Hinblick auf die Belastungen, die der Krieg der Heimatfront zumutete.

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Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom 5. Dezember 1916


§ 1. Jeder männliche Deutsche vom vollendeten siebzehnten bis zum vollendeten sechzigsten Lebensjahre ist, soweit er nicht zum Dienste in der bewaffneten Macht einberufen ist, zum vaterländischen Hilfsdienst während des Krieges verpflichtet.

§ 2. Als im vaterländischen Hilfsdienst tätig gelten alle Personen, die bei Behörden, behördlichen Einrichtungen, in der Kriegsindustrie, in der Land- und Forstwirtschaft, in der Krankenpflege, in kriegswirtschaftlichen Organisationen jeder Art oder in sonstigen Berufen oder Betrieben, die für Zwecke der Kriegführung oder der Volksversorgung unmittelbar oder mittelbar Bedeutung haben, beschäftigt sind, soweit die Zahl dieser Personen das Bedürfnis nicht übersteigt. Hilfsdienstpflichtige, die vor dem 1. August 1916 in einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebe tätig waren, dürfen aus diesem Berufe nicht zum Zwecke der Überweisung in eine andere Beschäftigung im vaterländischen Hilfsdienst herausgezogen werden.

§ 3. Die Leitung des vaterländischen Hilfsdienstes liegt dem beim Königlich Preußischen Kriegsministerium errichteten Kriegsamt ob.

§ 4. Über die Frage, ob und in welchem Umfang die Zahl der bei einer Behörde beschäftigten Personen das Bedürfnis übersteigt, entscheidet die zuständige Reichs- oder Landeszentralbehörde im Einvernehmen mit dem Kriegsamt. Über die Frage, was als behördliche Einrichtung anzusehen ist, sowie ob und in welchem Umfang die Zahl der bei einer solchen beschäftigten Personen das Bedürfnis übersteigt, entscheidet das Kriegsamt nach Benehmen mit der zuständigen Reichs- oder Landeszentralbehörde. Im übrigen entscheiden über die Frage, ob ein Beruf oder Betrieb im Sinne des § 2 Bedeutung hat, sowie ob und in welchem Umfang die Zahl der in einem Beruf, einer Organisation oder einem Betriebe tätigen Personen das Bedürfnis übersteigt, Ausschüsse, die für den Bezirk jedes Stellvertretenden Generalkommandos oder für Teile des Bezirks zu bilden sind.

§ 5. Jeder Ausschuß besteht aus einem Offizier als Vorsitzenden, zwei höheren Staatsbeamten, von denen einer der Gewerbeaufsicht angehören soll, sowie aus je zwei Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Den Offizier sowie die Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestellt das Kriegsamt, in Bayern, Sachsen und Württemberg das Kriegsministerium, dem in diesen Bundestaaten [sic] auch im übrigen der Vollzug des Gesetzes im Einvernehmen mit dem Kriegsamt zukommt. Die höheren Staatsbeamten beruft die Landeszentralbehörde oder die von ihr zu bestimmende Behörde. Erstreckt sich der Bezirk eines Stellvertretenden Generalkommandos auf die Gebiete mehrerer Bundestaaten, so werden die Beamten von den zuständigen Behörden dieser Bundestaaten berufen; bei den Entscheidungen des Ausschusses wirken die Beamten des Bundestaats mit, dem der Betrieb, die Organisation oder der Berufsausübende angehört.

§ 6. Gegen die Entscheidung des Ausschusses (§ 4, Abs.2) findet Beschwerde an die beim Kriegsamt einzurichtende Zentralstelle statt, die aus zwei Offizieren des Kriegsamts, von denen der eine den Vorsitz führt, zwei vom Reichskanzler ernannten Beamten und einem von der Zentralbehörde des Bundestaats zu ernennenden Beamten, dem der Betrieb, die Organisation oder der Berufsausübende angehört, sowie je einem Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besteht; für die Bestellung dieser Vertreter gilt § 5 Satz 2. Werden Marineinteressen berührt, so ist einer der Offiziere vom Reichs-Marineamte zu bestellen. Bei Beschwerden gegen Entscheidungen bayerischer, sächsischer oder württembergischer Ausschüsse ist einer der Offiziere von dem Kriegsministerium des beteiligten Bundestaats zu bestellen.

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