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Wehrunterricht und Evangelische Kirchen (14. Juni 1978)

Die Einführung des Wehrunterrichts in den 9. und 10. Klassen der polytechnischen Oberschulen verdeutlichte die ideologische Ausrichtung von Bildung in der DDR. Sie führte zu öffentlicher Kritik, die von den Kirchen aufgenommen wurde. Die Stellungnahme des Sekretariats des Bundes der Evangelischen Kirchen fasst die Beratungen mit der DDR-Führung zusammen.

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Orientierungshilfe der Konferenz der Evangelischen Kirchenleitung in der DDR [zur Einführung des Wehrunterrichts] vom 14. Juni 1978


Berlin, den 14. Juni 1978

Bund der Evangelischen Kirchen
Sekretariat

In den letzten Monaten hatte sich in unseren Gemeinden zunehmende Besorgnis ausgebreitet über eine Maßnahme der Regierung, die zunächst vom Hörensagen bekannt wurde: Die Einführung von Wehrunterricht in den 9. Klassen der allgemeinbildenden Schulen. Gemeindemitglieder wandten sich an kirchliche Amtsträger mit dem dringenden Wunsch nach Information und Beratung und mit der entschiedenen Bitte, sich dafür einzusetzen, daß ein solcher Plan nicht verwirklicht werde. Auch an die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen in der DDR sind eine Reihe von Eingaben in diesem Sinne gelangt.

I. In dieser Situation hat sich die Konferenz der Evangelischen Kirchenleitungen an die Regierung der DDR gewandt, sie um präzise Auskünfte in der Sache ersucht, Bedenken und Einwände geltend gemacht und die staatlichen Stellen gebeten, sollte ein solches Vorhaben tatsächlich bestehen, davon Abstand zu nehmen.

In einer ausführlichen mündlichen Information hat der Staatssekretär für Kirchenfragen daraufhin am 1. Juni 1978 den Vorsitzenden der Konferenz und seine Stellvertreter gemeinsam mit dem Sekretariat über die bestehende Planung hinsichtlich der Einführung von Wehrunterricht informiert. Danach ist vorgesehen:

– Einführung des Faches Wehrunterricht in den 9. Klassen der allgemeinbildenden Schulen ab 1. September 1978. Vier Doppelstunden im Jahr zusätzlich zum bisherigen Stundenplan. Der Unterricht ist für Jungen und Mädchen obligatorisch, Zensierung ist nicht vorgesehen.
– Fortsetzung des theoretischen Unterrichts im gleichen Umfang in den 10. Klassen.
– Durchführung eines geschlossenen Lehrgangs der Zivilverteidigung ab 1. September 1978 in den 9. Klassen, ebenfalls obligatorisch für Mädchen und Jungen, Dauer zwei Wochen mit täglich 5 Stunden, am Ende des Schuljahres. Keine Ausbildung an Waffen.
– Parallel zu diesen ZV-Lehrgängen Durchführung vormilitärischer Lager von zwei Wochen Dauer auf freiwilliger Grundlage. Nur für Jungen. Ausbildung umfaßt auch Umgang mit Waffen (Kleinkaliber).
– In den 10. Klassen ab 1979 obligatorische dreitägige Abschlußprüfung in den Winterferien.

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