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Ein Plädoyer für die Notstandsverfassung (15./16. Mai 1968)

Ein Mitglied des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages rekapituliert die Geschichte der Notstandsverfassung und verteidigt sie gegen Kritiker, da sie im Falle innerer und äußerer Notfälle die Aufrechterhaltung des Rechtsstaats gewährleisten würde.

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Beratungen der Notstandsgesetze im Deutschen Bundestag, 15./16. Mai 1968


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Dr. Lenz (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens des Rechtsausschusses dieses Hauses darf ich Ihnen den Bericht über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes und über den von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der rechtsstaatlichen Ordnung im Verteidigungsfall vorlegen.

Der Vorlage ist eine nahezu zehn Jahre lange öffentliche Diskussion über dieses Thema und eine über ein Jahr dauernde Diskussion über den Vorschlag der Bundesregierung vorausgegangen. Die zuständigen Ausschüsse haben im November und Dezember letzten Jahres in fünf öffentlichen Informationssitzungen von einer Gesamtdauer von 45 Stunden zusammen 42 Befürworter und Gegner einer Vorsorgeregelung für den Notstand angehört. In diesen öffentlichen Anhörungen sind alle Aspekte dieses Problems zur Sprache gekommen. Der Ihnen vorgelegte Entwurf hält sich im Rahmen dieser Erörterungen.

Der Rechtsausschuß hat in den folgenden Wochen der Beratung der beiden Entwürfe den Vorrang vor allen anderen Arbeiten eingeräumt und in 15, zum Teil ganztägigen Sitzungen den Ihnen heute vorliegenden Entwurf erarbeitet. Der Rechtsausschuß hat seine sachlichen Beratungen Anfang April abgeschlossen, mit Ausnahme des Punktes Widerstandsrecht.

Der Bericht ist fristgerecht vorgelegt worden. Von unangemessener Hast oder gar von »Durchpeitschen« kann unter diesen Umständen keine Rede sein.

(Beifall bei den Regierungsparteien)

Ich möchte die Behauptung wagen, daß es nur sehr wenige Vorlagen in diesem Hause gegeben hat, auf deren Beratung und Beschlußfassung das Haus so gründlich vorbereitet war wie im Falle dieser Vorlage.

(erneuter Beifall bei den Regierungsparteien)

Auf den Inhalt der Vorlage möchte ich im einzelnen jetzt nicht eingehen. Dazu wird im Laufe des Tages, dessen bin ich sicher, ausreichend Gelegenheit sein. Ich möchte jetzt nur einige Klarstellungen vornehmen, die mir in diesem Augenblick wichtig zu sein scheinen.

Es ist nicht wahr, daß dieser Entwurf den Weg zur Diktatur bereitet. Der vorliegende Entwurf hält unter parlamentarischen und rechtsstaatlichen Gesichtspunkten jeden Vergleich mit jeder Vorsorgeregelung für den Notfall aus, die es auf der Welt gibt.

(Beifall bei den Regierungsparteien)

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