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Staatsvertrag zwischen der BRD und der DDR über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (18. Mai 1990)

Zur Regelung der Bedingungen für einen Übergang von der Plan- zur Marktwirtschaft beschließen die Regierungen von DDR und BRD einen Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, der die Modalitäten der Einführung der DM spezifiziert, die Bestimmungen über die Währungs- und Wirtschaftsunion erläutert und die Erhaltung der Sozialleistungen garantiert.

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Die Hohen Vertragschliessenden Seiten –

Dank der Tatsache, daß in der Deutschen Demokratischen Republik im Herbst 1989 eine friedliche und demokratische Revolution stattgefunden hat,

entschlossen, in Freiheit die Einheit Deutschlands in einer europäischen Friedensordnung alsbald zu vollenden,

in dem gemeinsamen Willen, die Soziale Marktwirtschaft als Grundlage für die weitere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung mit sozialem Ausgleich und sozialer Absicherung und Verantwortung gegenüber der Umwelt auch in der Deutschen Demokratischen Republik einzuführen und hierdurch die Lebens- und Beschäftigungsbedingungen ihrer Bevölkerung stetig zu verbessern,

ausgehend von dem beiderseitigen Wunsch, durch die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion einen ersten bedeutsamen Schritt in Richtung auf die Herstellung der staatlichen Einheit nach Artikel 23 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland als Beitrag zur europäischen Einigung unter Berücksichtigung der Tatsache zu unternehmen, daß die äußeren Aspekte der Herstellung der Einheit Gegenstand der Gespräche mit den Regierungen der Französischen Republik, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland und der Vereinigten Staaten von Amerika sind,

in der Erkenntnis, daß mit der Herstellung der staatlichen Einheit die Entwicklung föderativer Strukturen in der Deutschen Demokratischen Republik einhergeht,

in dem Bewußtsein, daß die Regelungen dieses Vertrages die Anwendung des Rechts der Europäischen Gemeinschaft nach Herstellung der staatlichen Einheit gewährleisten sollen –

sind übereingekommen, einen Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion mit den nachfolgenden Bestimmungen zu schließen:

Kapitel 1: Grundlagen

Artikel 1: Gegenstand des Vertrages
(1) Die Vertragsparteien errichten eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion.
(2) Die Vertragsparteien bilden beginnend mit dem 1. Juli 1990 eine Währungsunion mit einem einheitlichen Währungsgebiet und der Deutschen Mark als gemeinsamer Währung. Die Deutsche Bundesbank ist die Währungs- und Notenbank dieses Währungsgebiets. Die auf Mark der Deutschen Demokratischen Republik lautenden Verbindlichkeiten und Forderungen werden nach Maßgabe dieses Vertrags auf Deutsche Mark umgestellt.
(3) Grundlage der Wirtschaftsunion ist die Soziale Marktwirtschaft als gemeinsame Wirtschaftsordnung beider Vertragsparteien. Sie wird insbesondere bestimmt durch Privateigentum, Leistungswettbewerb, freie Preisbildung und grundsätzlich volle Freizügigkeit von Arbeit, Kapital, Gütern und Dienstleistungen; hierdurch wird die gesetzliche Zulassung besonderer Eigentumsformen für die Beteiligung der öffentlichen Hand oder anderer Rechtsträger am Wirtschaftsverkehr nicht ausgeschlossen, soweit private Rechtsträger dadurch nicht diskriminiert werden. Sie trägt den Erfordernissen des Umweltschutzes Rechnung.
(4) Die Sozialunion bildet mit der Währungs- und Wirtschaftsunion eine Einheit. Sie wird insbesondere bestimmt durch eine der Sozialen Marktwirtschaft entsprechende Arbeitsrechtsordnung und ein auf den Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs beruhendes umfassendes System der sozialen Sicherung.

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