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Lieder der katholischen Arbeitervereine der Stadt Köln (1896-1899)

Marxistische und sozialdemokratische Theorien übten auf die katholische Arbeiterschaft weniger Anziehungskraft aus als auf andere Bevölkerungsgruppen. Dieser Unterschied ist wenigstens zum Teil darauf zurück zu führen, dass es der katholischen Lehre gelang, auf die schwierige Lage der Arbeiterschichten einzugehen. Zudem bildeten Gemeindesolidarität und übereinstimmende Wert- und Glaubensvorstellungen ein festes Band zwischen Katholiken aller gesellschaftlichen Schichten. Die folgenden Lieder verschmolzen Klassenbewusstsein und kirchliche Lehren zu einer bedeutungsvollen Synthese.

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I. „Die Arbeiter-Hymne“ (um 1896)

Was dröhnt so grausig durch die Länder?
Es ist der Arbeit heidnisch Lied:
Zerreißet der Gesellschaft Bänder,
Zertrümmert, was vom Tier euch schied!
Ja „Vorwärts“ tönt's in allen Sprachen:
Nur vorwärts gegen Gott im Sturm!
Und ging's auch in den Höllenrachen,
Baut Gott zum Trotz an Babel's Turm!

Was tönt von Rom so mild hernieder?
Vom Arbeitspapst ein hohes Wort:
Die Arbeit werde christlich wieder,
Sankt Josef sei ihr schützend Hort!
Dort seht den Meister aller Welten,
Den Heiland seht im Arbeitsschutz,
Dies Beispiel, dies allem soll gelten,
Es ist der Sklavenarbeit Sturtz!

Als Zimmermann baut er die Brücke,
Wo Armut sich und Reichtum trennt,
Und wollt ihr „Vorwärts“, kehrt „Zurücke“
Zu Christus, der die Arbeit kennt!
Drum hoch die Arbeit! Laßt uns singen,
In Christus liegt ihr Lohn und Glück;
Durch alle Länder soll es klingen:
Ja „Vorwarts“, aber erst „Zurück“.


II. „Das Lied von der Arbeit“ (um 1899)

Es rasseln die Räder, der Amboß gellt,
Es zischen die feurigen Zungen,
Der schwere Hammer im Takte fällt,
Von sehnigem Arme geschwungen,
Es dreht sich die Scheibe, die Säge reißt
Gewaltig im Bogen das Schwungrad kreist.

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