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Haushalt einer großen Arbeiterfamilie in einem Dorf bei Frankfurt am Main (1877)

Wie der Bericht aus der Frankfurter Gegend verdeutlicht, charakterisierten die Lage von Arbeiterfamilien, vor allem ungelernter Kräfte, häufig eine große Anzahl von Kindern, unregelmäßige Beschäftigung, geringes Einkommen, keine Rücklagen, sehr bescheidene, beengte Wohnverhältnisse und Mangelernährung. Selbst Kinder mussten bereits mit sieben Jahren lange Arbeitsstunden in verschiedenen Branchen durchstehen, beispielsweise im Bauwesen.

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Die Familie, mit deren häuslichen Verhältnissen wir uns beschäftigen wollen, bestand zur Zeit der Aufnahme aus folgenden sieben Personen:

Hausvorstand 44 Jahre alt
} verheirathet 1859
dessen Ehefrau 38 Jahre alt
Joseph, ältester Sohn 16 Jahre alt
Adam, zweiter Sohn 15 Jahre alt
Magdalene, älteste Tochter 9 Jahre alt
Georg, dritter Sohn 5 5 Jahre alt
Christiane, jüngste Tochter 2½ Jahre alt

Ausser diesen lebenden fünf Kindern hatte N. noch zwei Knaben besessen, welche vor Ablauf des ersten Lebensjahres gestorben, und einen dritten, welcher 10 Jahre alt einer caries der Wirbelsäule erlegen war. Diese Kinder würden jetzt 13, 11 bez. 7 Jahre alt sein. Ein neuntes Kind wird dem N. demnächst geboren werden.

N. kann so ziemlich als Typus der besitzlosen Tagelöhner in den Feldbergdörfern angesehen werden. Er hat weder Feld noch Vieh und wohnt zur Miethe in einem aus Lehm und Fachwerk gebauten Häuschen, welches er früher eigen besass, das er aber Schulden halber verkaufen musste. Daselbst hat er nach wie vor die sämmtlichen Räumlichkeiten inne: eine Wohnstube (3,75 m lang, 3,50 breit und 2,00 hoch), in welcher das gemeinsame Bett für ihn, seine Frau und das jüngste Töchterchen, sowie eine Kinderbettlade für den jüngsten Sohn stehen, ferner eine unheizbare, sehr nasse Kammer (3,88 m lang, 3,75 breit und 2,17 hoch), in welcher die beiden älteren Söhne und die ältere Tochter in Einem Bette schlafen. Ausserdem enthält das Häuschen einen kleinen Stall, welcher als Kartoffelgelass benutzt wird, und einen Speicher; in einem ca. 25 qm messenden anliegenden Gärtchen kann sich N. einige Gewürzpflanzen und etwas Salat ziehen. Die Küche ist in üblicher Weise mit dem Hausflur identisch. Ein eigener Waschkessel findet sich nicht vor; das Wasser wird in einem der Kochtöpfe erhitzt. Küchengeräthe überhaupt, sowie Mobiliar der Wohnung sind, wie das Inventar ausweist, höchst dürftig; es ist noch schlimmer um die Kleidungsstücke bestellt. Man ersieht aus dem Inventar, dass ein grosser Theil alt eingekauft worden ist. [ . . . ]

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