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Hitler warnt in einem Interview mit der Times vor einem bolschewistischen Deutschland (15. Oktober 1930)

Nach dem Ersten Weltkrieg war die Revolution in Russland in den Köpfen vieler Deutscher präsent. Während sie den Spartakisten und späteren deutschen Kommunisten als Hoffnungsschimmer galt, wurde sie sowohl von den konservativen Parteien als auch den Befürwortern der demokratischen Republik als Gefahr betrachtet. Die Ängste der letzteren waren es auch, welche zum Schluss des Ebert-Groener Pakts führten, in dem sich die vorläufige Weimarer Regierung mit dem Militär verbündete, um die revolutionären Unruhen der unmittelbaren Nachkriegszeit zu unterdrücken. Die Angst vor einer bolschewistischen Revolution erstreckte sich über Deutschland hinaus auch auf das restliche Westeuropa. In Deutschland existierte die stärkste kommunistische Partei außerhalb der Sowjetunion, und angesichts der zunehmenden Polarisierung der Politik in der Weimarer Republik nach dem Börsenkrach 1929 schien ein drohendes kommunistisches Deutschland immer wahrscheinlicher. Indem er diese Befürchtungen sowohl innenpolitisch als auch international manipulierte, stellte Hitler die NSDAP und ein nationalsozialistisches Deutschland als Bollwerk gegen den Kommunismus dar. In diesem Interview mit der Londoner Times behauptet Hitler, der Nationalsozialismus würde nicht nur die Verbreitung des Kommunismus verhindern, sondern auch die Ordnung in Deutschland wiederherstellen und es somit in die Lage versetzen, seine finanziellen Verpflichtungen gegenüber den Mächten der Entente zu erfüllen.

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Wenn die wirtschaftlichen Entwicklungen fortschritten wie gegenwärtig, würde Deutschland noch vor Ende des Winters zu einem Pulverfass, das von einem einzigen Funken entzündet werden könne. Die Parteien der Mitte im Reichstag würden hoffnungslos gespalten, und die Welt hätte die Wahl zwischen einem bolschewistischen Deutschland und einem nationalsozialistischen Deutschland. Ein bolschewistisches Deutschland würde alles zurückweisen – Reparationsschulden ebenso wie private Schulden. Diejenigen, welche mit einem hilflosen Schulterzucken den Versailler Vertrag und den Dawes Plan und den Young Plan unterschrieben hätten, hätten ungedeckte Schecks ausgestellt. Ein nationalsozialistisches Deutschland würde niemals Schecks ausstellen, die es nicht decken kann. Es würde die politischen Zahlungen nicht leisten, weil es ehrlich nicht in der Lage dazu wäre; doch wie jeder ehrliche Kaufmann würde es allen Verpflichtungen zur Rückzahlung privater ausländischer Kredite und Investitionen nachkommen. Wenn die Welt auf den politischen Zahlungen bestünde, dann würde Deutschland untergehen.

Die Bolschewisierung Russlands hätte der zivilisierten Welt bereits einen Schock versetzt; falls Deutschland zum Annex des bolschewistischen Russland würde, erlitte die westliche Zivilisation einen viel schlimmeren und vermutlich tödlichen Schock. Selbst Oswald Spengler, der dem Untergang der westlichen Zivilisation zumindest 300 Jahre gegeben hatte, um sich zu vollziehen, würde sich dann als Optimist herausstellen.





Quelle: TheTimes (London), 15. Oktober 1930. Abgedruckt in: Hitler. Reden, Schriften, Anordnungen: Februar 1925 bis Januar 1933, IV/1, hrsg. Institut für Zeitgeschichte (München: Saur, 1992), S. 22-23. German translation by Insa Kummer.

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