GHDI logo


OMGUS-Umfragen: Trends in der deutschen öffentlichen Meinung (1945-48)

Von Oktober 1945 bis Januar 1948 führen die Amerikaner in ihrer Besatzungszone sowie in West-Berlin eine Serie von Meinungsumfragen zu allgemeinen Trends in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft durch. Die Versorgungslage wird von immer mehr Menschen kritisch gesehen. Nur noch rund die Hälfte der Deutschen hat ein ausreichendes Einkommen. Die politische Apathie und das Desinteresse vieler Deutscher an regelmäßigen Informationen darüber halten an. Unter den Parteien verlieren die Christdemokraten an Zustimmung, während die konservative LDP/DVP zulegt. Der Prozentsatz derjenigen, die den Nationalsozialismus nicht grundsätzlich ablehnen, bleibt hoch, und die Bereitschaft, die Verantwortung Deutschlands für den Krieg anzuerkennen, nimmt ab. Dafür wächst angesichts der negativen Entwicklungen in der sowjetischen Besatzungszone die Ablehnung des Kommunismus. Einheimische und Neuankömmlinge halten gleichermaßen die Vertreibungen der Deutschen aus Osteuropa für ungerecht. Die meisten Deutschen glauben nicht mehr, dass die Besatzung in ein einheitliches Deutschland münden wird und die Alliierten zusammenarbeiten. Das Vertrauen in die alliierten Bemühungen um den Wiederaufbau Deutschlands insgesamt nimmt ab, das Vertrauen in die USA wächst erst wieder nach der Ankündigung umfassender Wirtschaftshilfe im Rahmen des Marshall-Plans. Die meisten Deutschen erwarten, dass die USA in den kommenden Jahren die einflussreichste Macht der Welt sein werden.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 2


Trends in der deutschen öffentlichen Meinung

Befragte: Die Zahl der Befragten variierte zwischen 365 in der ersten Erhebung und 4000, die im Januar 1948 befragt wurden; die Gesamtzahl der in der Amerikanischen Zone und in West-Berlin befragten Personen betrug 16 Millionen.
Untersuchungszeitraum: zwischen Oktober 1945 und 5. Januar 1948; in diesem Zeitraum wurden mehr als fünfzig Erhebungen im großen Stil durchgeführt (43 Seiten).


Dieser Bericht fasst anschaulich die wichtigsten Trends in der deutschen öffentlichen Meinung in den von den Amerikanern besetzten Gebieten zusammen und deckt sieben Hauptfragen ab: Neuorientierung, Politik, Medien, die Besatzung, Wirtschaftsfragen, Ernährung und Vertriebene.

Neuorientierung. In den 1947 durchgeführten Erhebungen hielten 52 Prozent den Nationalsozialismus für eine gute Idee, die nur schlecht umgesetzt wurde; das bedeutete einen Anstieg um fünf Prozentpunkte im Vergleich zum Jahr davor, aber nur um zwei Punkte gegenüber 1945. Gezwungen, zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus zu wählen, zog eine Vielzahl 1945 ersteres System vor, 1946 lehnten die meisten Menschen beide ab, und 1947 war zwar die „weder-noch“-Kategorie weiterhin groß, doch entschieden sich mehr Menschen für den Nationalsozialismus und fast keiner für den Kommunismus. Zwei Jahre nach Kriegsende setzte sich der abnehmende Trend bei der Zahl der Deutschen, die bereit waren, Verantwortung für die Schuld ihres Landes am Ausbruch des Krieges zu übernehmen, fort. Etwa vier von fünf AMZON-Deutschen waren der Meinung, einige Rassen würden sich besser zum Herrschen eignen als andere.

Während vor Januar 1948 mehr als die Hälfte der Öffentlichkeit das Recht der Kommunisten akzeptierte, ihre Meinung über das Radio zu verbreiten, taten dies nach diesem Datum nur knapp mehr als ein Drittel. Von Anfang an sagten große Mehrheiten der AMZON-Deutschen, dass sie, wenn sie wählen müssten, eine Regierung, die ihnen Arbeitsplätze sicherte, einer Regierung vorziehen würden, die ihre persönliche Freiheit förderte.

Politik. Die Zahl der Deutschen, die angab, über Politik informiert zu sein, ging nach 1947 weiter zurück, und stabile 75 Prozent würden es ungern sehen, wenn ihre Söhne in die Politik gingen. In allen Erhebungen gab ein Drittel der Befragten an, über Politik nachzudenken, während der Rest die Politik „anderen“ überlassen wollte. Anfang 1947 hielt ein Maximum von 72 Prozent politische Versammlungen für sinnvoll, Ende des Jahres waren es nur noch 45 Prozent; Anfang 1948 waren es wieder mehr, aber nur 58 Prozent. Das Vertrauen in die Motive deutscher Amtsträger ging eindeutig zurück; gleichzeitig wuchs die Enttäuschung über deren Leistungen.

Im gesamten AMZON-Raum wurde die CDU/CSU nur noch von der Hälfte der Menschen unterstützt, die ihr im Herbst 1945 das Vertrauen geschenkt hatten. Dafür legte die LDP/DVP an Beliebtheit zu, insbesondere in Württemberg-Baden. Gleichzeitig verdreifachte sich die Zahl der Menschen, die keine der Parteien mochten.

Medien. Der Anteil der regelmäßigen Zeitungsleser ging zwischen Anfang 1946 und Frühjahr 1947 zurück und pendelte sich bei etwa der Hälfte der AMZON-Bevölkerung ein; in West-Berlin gaben sich ungefähr drei Viertel als regelmäßige Leser aus. Im Januar 1948 hörten 56 Prozent der AMZON-Bevölkerung regelmäßig oder gelegentlich Radio; mehr als vier von zehn behaupteten durchgängig, nie Radio zu hören. Im Januar 1948 meinten nur 47 Prozent, bessere Berichterstattung zu erhalten als während des Krieges; die „keine-Meinung“-Antworten erhöhten sich drastisch von 22 Prozent im Januar 1947 auf 49 Prozent im Januar 1948. In den ersten Monaten des Jahres 1946 hielten 50 Prozent der AMZON-Öffentlichkeit die Berichterstattung in den Zeitungen für vollständiger als die Berichterstattung im Radio; im Januar 1948 glichen sich die beiden an.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite