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„Zehn Jahre Kulturbund”: Leitartikel des Neuen Deutschland (2. Juli 1955)

Anläßlich des zehnjährigen Jubiläums des „Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ feiert das SED-Zentralorgan Neues Deutschland die Einheit von Arbeiterklasse und Intelligenz in der DDR. Die politische und gesellschaftliche Vormachtstellung der Arbeiter habe im Bündnis mit Künstlern und Wissenschaftlern die Grundlagen für den Neuaufbau einer demokratisch-humanistischen gesamtdeutschen Kultur gelegt. Diese Kultur ist allerdings nicht selbstbestimmt, sondern folgt den strikten Vorgaben der staatlichen Kulturpolitik.

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Vor zehn Jahren, genau am 4. Juli 1945, fand im großen Sendesaal des Rundfunkhauses in der Masurenallee in Berlin die Gründungsversammlung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands statt. Etwa 1 500 Kulturschaffende aus ganz Berlin waren gekommen und stimmten dem Gründungsmanifest begeistert zu, das mit den Worten begann:

»Der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands will die große deutsche Kultur, den Stolz unseres Vaterlandes, wieder erwecken und ein neues deutsches Geistesleben begründen.

Der Nazismus hat die wahren deutschen Kulturwerte, wie sie mit den Namen von Goethe, Schiller, Lessing und zahlreicher Philosophen, Künstler und Wissenschaftler verbunden sind, verschüttet oder durch seine menschenfeindlichen Zweck- und Nutzlehren aufs schändlichste verfälscht. Die deutsche Kultur wurde Werkzeug des verbrecherischen Raubkrieges Hitlers ...«

Seit seiner Gründung war der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands eine Bewegung der geistigen Erneuerung zur Entwicklung einer fortschrittlichen Geisteshaltung, um die Ideologie des alten imperialistischen Deutschlands zu überwinden. Um das Gründungsmanifest scharten sich deutsche Künstler und Wissenschaftler, die die faschistischen Folterhöllen überlebt hatten, die aus der Emigration in ihre Heimat zurückgekommen waren, die in der inneren Emigration inmitten einer vergifteten Atmosphäre von faschistischen Verbrechen, Korruption und Angeberei anständige Menschen geblieben waren. Sie waren Angehörige der damals gerade erst zugelassenen demokratischen Parteien oder waren parteilos, Vertreter verschiedener Weltanschauungen. In einem aber waren sie sich einig: Es muß ein neues demokratisches Leben aufgebaut werden, um einen neuen Humanismus muß gerungen werden.

Eine schwierige, komplizierte und langwierige Aufgabe war zu lösen, um Deutschland zu einem demokratischen Lande zu machen und unsere Kultur wieder würdig in der Weltkultur zu vertreten. Die edelsten Güter der deutschen Kultur mußten wieder zu Ehren gebracht, die Klassiker der Dichtung, der Musik, der bildenden Kunst, der Philosophie im Volke wieder lebendig gemacht werden. Fortschrittliche und freiheitliche Traditionen unserer deutschen Kultur waren wieder zu wecken, unserem fortschrittlichen Kulturerbe sollten neue Werte zugeführt werden. Die kulturelle Verbindung mit anderen Völkern, vor allem mit der Sowjetunion und unseren Nachbarvölkern, wurde wieder angebahnt und Sinn und Herz unserer Bevölkerung für die Schönheit und Größe der nationalen Kultur anderer erschlossen.

Die Erziehung zur Demokratie, zur Wahrheit, zur Freiheit, zum Frieden war unlösbar verbunden mit dem Aufbauwerk, das aus Not und Trümmern zu den Erfolgen unseres Fünfjahrplanes führte. Dabei wurde es den Angehörigen unserer Intelligenz immer mehr bewußt, daß alle aufbauwilligen Kräfte vereint und organisiert das neue Leben beginnen und daß auch die Lehrenden mehr denn je Lernende sein mußten.

Die grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung des Kulturbundes war, daß die Einheit der Arbeiterklasse im Osten unseres Vaterlandes verwirklicht und die Partei der Arbeiterklasse, die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, zur führenden Kraft des demokratischen Aufbaus und der Arbeiter- und Bauern-Macht wurde. Die Kraft der Arbeiterklasse im Bündnis mit den Bauern enteignete die Kapitalisten und Großgrundbesitzer, vernichtete ihre ökonomische Macht und damit ihren bisher führenden ideologischen Einfluß. Die Ideologie der Arbeiterklasse wurde zur vorherrschenden Ideologie und ermöglichte die schnelle Neuorientierung auch der alten Intelligenz.

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