GHDI logo


Bericht über die Zulassung an den Universitäten und Hochschulen für das Studienjahr 1957/58 durch das Büro des Präsidiums der DDR-Regierung (21. Dezember 1957)

In den fünfziger Jahren betreibt die DDR-Regierung nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen den Ausbau des Hochschulwesens vor allem im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Allerdings übersteigt die Zahl der Studienbewerber die Zahl der verfügbaren Studienplätze. Die Zulassung zum Hochschulstudium ist beschränkt und unterliegt strikter staatlicher Kontrolle. Dabei steht neben der fachlichen Qualifikation vor allem politisch-ideologisches Wohlverhalten im Vordergrund. Besonders gefördert wird das Studium von Arbeiter- und Bauernkindern. Als zusätzliches Qualifizierungselement dient ein praktisches Jahr, das in der Produktion abzuleisten ist. Die ideologische Ausrichtung der Hochschulpolitik der SED trägt in den fünfziger Jahren zur Fluchtbewegung von Akademikern in den Westen bei.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      nächstes Dokument

Seite 1 von 3


Die Zulassungen für das Studienjahr 1957/58, die Vorbereitungen und die Ergebnisse der Immatrikulationen wurden an allen Universitäten, der TH Dresden und der Hochschule für Verkehrswesen überprüft. Eine Überprüfung der Vorbereitung und Durchführung der Immatrikulationen erfolgte auch im Staatssekretariat für Hochschulwesen.

Die Gesamtzahl der Studienbewerber betrug im Zulassungsjahr 1957/58 21.000. Von diesen 21.000 Studienbewerbern konnten gemäss den festgelegten Kontingenten 14.100 zum Studium zugelassen werden. Aufgrund der im Sinne der sozialistischen Erziehung getroffenen Anordnung, dass alle künftigen Studierenden vor Beginn ihres Studiums ein Jahr praktische Tätigkeit in Betrieben abzuleisten haben, wurden 5.500 Bewerber für das Studienjahr 1958/59 vorgemerkt.

Der sozialen Zusammensetzung gliedert sich die Zahl der neuzugelassenen Studenten wie folgt auf:

Arbeiter und Bauern 61%
Intelligenz 14%
Angestellte 17%
übrige Schichten 8%

Die Zahl der zugelassenen weiblichen Studenten beträgt 31%. 14% der Zugelassenen sind Absolventen der Arbeiter- und Bauernfakultät.

Besondere Schwierigkeiten ergaben sich in einigen Fachrichtungen dadurch, dass die Fülle der Bewerbungen in keinem Verhältnis stand zu den festgelegten Kontingenten. Z.B. beträgt das Kontingent für die Fachrichtung Chemie 375. Die Zahl der Bewerber dagegen belief sich auf 1.034. Darunter befanden sich allein 450 Arbeiter.

Würden in dieser Fachrichtung nur Arbeiter zugelassen, so könnten allein in dieser Fachrichtung 75 Arbeiter nicht berücksichtigt werden.

Ähnlich sind die Verhältnisse in anderen Fachrichtungen. So stehen in der Fachrichtung Geologie einem Kontingent von 40 170 Bewerber gegenüber, darunter 73 Arbeiter und 27 Angehörige der Intelligenz.

In der Fachrichtung Pharmazie beträgt das Kontingent 185, die Zahl der Bewerber 900, darunter 245 Arbeiter und 210 Angehörige der Intelligenz.

In der Fachrichtung Veterinärmedizin beträgt das Kontingent 130, die Zahl der Bewerber dagegen 727, darunter 306 Arbeiter und 147 Angehörige der Intelligenz.

Diese grossen Differenzen zwischen Kontingent und Zahl der Bewerber lassen sich auch in anderen Fachrichtungen nachweisen. So entfallen in der Fachrichtung

Luftfahrwesen 9 Bewerber
Gartenbau 5 Bewerber
Aussenhandel 4 Bewerber
auf einen Studienplatz.

In einigen Fachrichtungen ist die Zahl der Studienbewerber aus den Kreisen der Intelligenz besonders hoch. Folgende Zahlen in Prozenten machen das deutlich:

Architektur 23% der Bewerber
Pharmazie 23% der Bewerber
Veterinärmedizin 21% der Bewerber
Physik 20% der Bewerber
Medizin 31% der Bewerber.

Die Schwierigkeiten hinsichtlich der Wünsche der Bewerber erwiesen sich in diesem Jahr besonders gross, weil in den Fachrichtungen Geschichte, Biologie, Kunstgeschichte, Geographie und in allen philologischen Fachrichtungen infolge Überbesetzung überhaupt keine Kontingente festgelegt waren und die Bewerber für diese Fachrichtungen infolgedessen keine Berücksichtigung finden konnten.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite