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Hausarbeit mit Mann und Kindern (1955)

Der Leserbrief in der ostdeutschen Frauenzeitschrift Die Frau von heute schildert 1955 die Arbeitsaufteilung in einem Haushalt mit zwei berufstätigen Erwachsenen. Die Autorin ist stolz darauf, die Hausarbeit als berufstätige Frau vor allem durch die Mithilfe ihrer drei Kinder bewältigen zu können. Sie sieht in dieser Mithilfe auch einen pädagogischen Nutzen. Ihr Ehemann betätigt sich dagegen nur sporadisch im Haushalt, so daß von einer gleichgewichtigen Teilung der Hausarbeit keine Rede sein kann.

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Heute will ich berichten, wie wir uns zu Hause die Arbeit eingeteilt haben, um alles zu schaffen; wo käme ich hin, wenn ich neben der ganztätigen beruflichen Tätigkeit noch die ganze Hausarbeit allein versehen sollte.

Ich stehe um ½6 Uhr auf, mache mich fertig und besorge meinen Mann fort. Dann mache ich das Frühstücksbrot für die Kinder und mich zurecht und wecke die drei anschließend. Währenddessen wird schon das Schlafzimmer gelüftet, und während sich die Kinder waschen, öffne ich die Fenster im Kinderzimmer und im Wohnzimmer. Wenn wir gefrühstückt haben, teilen wir die folgende Arbeit so auf: Gisela und Angela – jetzt fünfzehn und zwölf Jahre alt – machen ihre Betten im Kinderzimmer, fegen aus und moppen über. Das Staubwischen im Kinderzimmer besorgt dann der neunjährige Jürgen. Da er selbst im Wohnzimmer auf der Couch schläft, bringt er als erstes seine Betten ins Kinderzimmer – das tut er jetzt schon ohne Ermahnung. Dann wird das Wohnzimmer in Ordnung gebracht. Jürgen legt die Couchdecke schön gerade auf die Couch und räumt seine Sachen fort, ich fege den Teppich ab, und die Mädchen fahren mit dem Mopp rundherum und wischen Staub. Bevor ich dann um ½8 Uhr aus dem Hause gehe, sehe ich mir noch einmal alle drei an, ob sie ordentlich aussehen. Etwas später verlassen die Kinder die Wohnung. Weil wir vier uns die Arbeiten teilen, ist für jeden nur etwas zu tun; keiner überarbeitet sich oder hetzt sich ab, und wir haben eine aufgeräumte Wohnung. Nach dem Abendbrot waschen wir wieder gemeinsam ab, und Jürgen reißt sich darum, abtrocknen zu dürfen, und ist sehr stolz, wenn er von mir oder den Mädchen hört, daß er es wieder mal äußerst schnell und gut gemacht hat. Das Loben darf man nie vergessen.

Ich meine, daß Kinder gar nicht früh genug lernen können, selbständig zu sein und sich an bestimmte kleine Pflichten zu gewöhnen ... Meine Mädchen lernten vom zehnten Lebensjahr ab, ihre Strümpfe selbst zu stopfen, so daß ich damit heute überhaupt keine Arbeit mehr habe, sondern lediglich hin und wieder nachsehe, ob es ordentlich gemacht ist. Mein neunjähriger Junge sollte diese kleinen Handfertigkeiten genauso lernen wie die Mädchen. Seine Knöpfe, die alle Augenblicke lose sind, näht er sich jetzt schon allein an, weil er weiß, daß es sehr liederlich ist, wenn sie fehlen. Meine fünfzehnjährige Gisela hält seit einem halben Jahr alle ihre Sachen in Ordnung, wäscht also auch ihre Leibwäsche selbst. Meine zwölfjährige Angela wäscht ihre Strümpfe allein, während ich alle Wäsche übernehme, die gekocht werden muß. Beim Jürgen muß ich erst sehen, wann er seine Strümpfe gut genug auswaschen kann. Helfen will er heute schon, denn er möchte auch als so groß und selbständig gelten wie die beiden Mädchen, die diese kleinen Pflichten sehr wichtig nehmen. (Daß sie nicht immer Lust dazu haben, und wie ich dem begegne, erzähle ich ein andermal.)

Weil wir gerade beim Waschen sind und beim Überlegen, wie eine berufstätige Mutter mit ihren Haushaltspflichten fertig wird, möchte ich noch erwähnen, daß ich die Bettwäsche und andere große Stücke in die Wäscherei gebe. Das muß schon möglich sein, wenn ich den ganzen Tag über berufstätig bin. Schwere Leibwäsche und Handtücher – bei fünf Personen häuft sich das ganz schön – wasche ich selbst. Aber mein Mann hilft beim Spülen und hängt auch auf, sofern es sein Dienst erlaubt, damit ich es nicht so schwer habe.



Quelle: Die Frau von heute 27 (1955), S. 17; abgedruckt in Ina Merkel, Hg., … und Du, Frau an der Werkbank. Die DDR in den fünfziger Jahren. Berlin: Elefanten Press, 1990, S. 149.

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