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Der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenz, Kardinal Frings, zur Neuordnung des Ehe- und Familienrechts (30. Januar 1953)

Die evangelische und die katholische Kirche beteiligen sich in den frühen 1950er Jahren in der Bundesrepublik intensiv an der Debatte um die Reform der ehe- und familienrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Katholische Kirche steht dabei auf dem Standpunkt, dass Ehe und Familie durch die natürliche Ordnung geregelt und dem rechtlichen Zugriff des Staates ohnehin nur in begrenztem Maß zugänglich seien. Der Kölner Kardinal Joseph Frings erkennt zwar den Wandel in der Stellung der Frau in der Gesellschaft an, verteidigt aber entschieden den „natürlichen“ Vorrang der Autorität des Mannes und Vaters bei Entscheidungen in Ehe und Familie, da nur so Entscheidungslosigkeit oder staatliche Interventionen von außen vermieden werden könnten.

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Wir erkennen dankbar an, daß die in der ›Vorbemerkung‹ zur amtlichen Begründung geäußerte Grundhaltung christlicher Auffassung gerecht zu werden versucht. [ . . . ]

An etlichen Stellen der Regierungsvorlage ist der Gesetzesvorschlag entsprechend den vorzitierten Gedanken der ›Vorbemerkung‹ zur amtlichen Begründung ausgerichtet worden, zumal in den Bestimmungen über die elterliche Gewalt (§§ 1626 ff.), wozu in der amtlichen Begründung (S. 74) sogar klar und deutlich auf die »natürlichen und christlichen Ordnungsbegriffe« Bezug genommen wird. Wir würdigen – ohne uns natürlich zu allen rechtstechnischen Einzelheiten äußern zu können – vollauf das Gewicht dieser Entscheidung der Bundesregierung und den ausgesprochenen Willen, christlichen Grundsätzen zu folgen. Eine ähnliche Haltung offenbart auch – wenngleich weniger klar – die vorgeschlagene Fassung der §§ 1354 und 1360 Abs. 3 des Entwurfs. Auch ist das Bemühen der Bundesregierung, im Bereich des ehelichen Güterrechts die bisherigen Mängel zugunsten der Ehefrau zu beseitigen, erfreulich. Mit der Bundesregierung sind auch wir generell der Meinung, daß überall dort, wo die soziologischen Wandlungen eine Veränderung der Rechtsstellung der Frau verlangen, diese durchgeführt werden soll, soweit dadurch Ehe und Familie als Gemeinschaften natürlichen Rechts keinen Schaden nehmen.

IV.
Bei aller Zustimmung zu so manchen Vorschlägen des Entwurfs müssen wir gleichwohl eine Reihe von ernsten Einwendungen erheben, denn die vorerwähnte, in der ›Vorbemerkung‹ zur amtlichen Begründung niedergelegte Grundhaltung hat leider bei weitem nicht an allen Stellen des Entwurfs Berücksichtigung gefunden.

V.
Nach unserer Auffassung bedeutet es die am weitesten tragende Entscheidung des Regierungsentwurfs, daß hierin die Übernahme fast aller Bestimmungen des jetzigen ›Ehegesetzes‹ in das Bürgerliche Gesetzbuch vorgeschlagen wird. Wir müssen vor einer solchen Zustimmung zu Regelungen des Eheschließungs- und des Ehescheidungsrechts, die im Jahre 1938 von den Nationalsozialisten geschaffen und 1946 vom Alliierten Kontrollrat bestätigt worden sind, mit großem Ernst warnen. Im Einklang mit dem, was mehrfach in letzter Zeit erklärt wurde, sind auch wir der Meinung, daß diese beiden Teilgebiete des Eherechts einer grundlegenden Reform unterzogen werden müssen.

Sobald aber die jetzt geltenden Regelungen eine neue Verankerung im BGB erfahren haben werden, besteht wohl kaum noch Grund zu der Hoffnung, daß diese grundlegende Reform in absehbarer Zeit in Angriff genommen wird.

Zudem kann es christlichen Abgeordneten überhaupt nicht zugemutet werden, einer Regelung – wenn auch vielleicht zunächst nur einer formal gedachten Regelung – zuzustimmen, die sie in ihrem Gewissen ablehnen müssen.

Wir weisen weiter darauf hin, daß, wenn das gesamte Eheschließungs- und Ehescheidungsrecht gesetzlich geregelt werden soll, damit die Notwendigkeit gegeben ist, mit dem Hl. Stuhl zu verhandeln, und zwar auf Grund des Art. 26 des Reichskonkordates. [ . . . ]

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