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Verplante Ferien (1953)

In der DDR wird in den 1950er Jahren ebenfalls der Fremdenverkehr wieder aufgenommen. Der Bericht über die ungleichgewichtige Auslastung der Ostseebäder und die Versorgungsmängel in der Hochsaison 1953 zeigt aber, daß der Tourismus denselben planwirtschaftlichen Schwierigkeiten und Hindernissen wie alle anderen Bereiche gesellschaftlichen Lebens in Ostdeutschland unterliegt.

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Das Bestreben aller Mitarbeiter in den Organen der Staatsmacht in den Bade- und Erholungsorten unserer Republik ist darauf gerichtet, den Werktätigen, der Intelligenz und allen anderen Mitarbeitern am Aufbau unseres Staates eine einwandfreie, vorbildliche Erholungsmöglichkeit zu bieten. Wie ernst es den Kollegen der örtlichen Organe in den Bädern damit ist, beweisen sie dadurch, daß es ihnen trotz großer Anfangsschwierigkeiten gelang, durch eigene Initiative viele aufgetretene Mängel weitgehend zu überwinden.

Manche der Fehler hätten vermieden werden können, wenn die zentralen Organe unseres Staatsapparates dem Erholungswesen mehr Interesse entgegengebracht hätten. [ . . . ] Viele Fehler hätten nicht entstehen können, wenn die längst geforderte Anleitung und Koordinierung durch ein zentrales staatliches Organ erfolgt wäre. [ . . . ]

Ein Mangel ist die immer noch unzureichende Auslastung der Unterbringungsmöglichkeiten. Diese Unterbelegungen gerade in der Vorsaison führen zu einer nicht notwendigen Einschränkung des Besucherstromes. So war es leider auch wieder in diesem Jahr. In Heringsdorf zum Beispiel waren von 3900 zur Verfügung stehenden Betten am 15. Mai 482, am 25. Mai 501 und am 31. Mai nur 1150 belegt. [ . . . ] Sobald aber der Sommer begann, wuchs die Zahl der Dienstreisenden und Instrukteure, die in die Badeorte kamen, stark an. Es ist an der Zeit, daß die Verantwortlichen einen strengeren Maßstab für Dienstreisen anlegen. Den Einwohnern der Badeorte ist es bis heute noch nicht verständlich, daß Kollegen mit ihren Dienstwagen zum Urlaub in die Badeorte kommen können und diese dort stehen lassen. Werden diese Fahrzeuge von den Dienststellen nicht auch im Sommer gebraucht? [ . . . ]

Die meisten Hemmnisse gab es in der Versorgung. Mit viel Anstrengungen und nur unter großem persönlichen Einsatz vieler Mitarbeiter gelang es, eine reibungslose Versorgung sicherzustellen. Mit Beginn der Saison zeigte sich, daß entscheidende Fehler gemacht worden waren. Man stellte bei einer Tagung in Stralsund im Februar dieses Jahres fest, daß einfach vergessen wurde, die Zahl der Urlauber, die sich im Bezirk Rostock während der Sommermonate aufhalten, in den Versorgungsplan aufzunehmen. Auf entsprechende Hinweise schalteten sich die damals neugebildete Kommission für Handel und Versorgung und andere Stellen ein, und der DHZ (Deutsche Handelszentrale) der HO und dem Konsum wurden Aufstockungspläne übergeben.

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Eine ständige Verbindung aller beteiligten Stellen ist die Grundlage für gute Arbeit. Es darf nicht so sein wie in Kühlungsborn, wo sich anfangs der Saison der Bürgermeister wochenlang vergeblich darum bemühte, daß Kollege Ritter von der Gebietsleitung des FDGB-Feriendienstes an einer Besprechung des Versorgungsaktivs teilnahm. Es darf auch in Zukunft nicht mehr vorkommen, daß die Auswahl an Spirituosen und Zigaretten nur gering ist, der Käse nur alle acht Tage geliefert wird und das Bier auf Grund der vorsichtigen Bestellungen der Heime nur sehr stockend herankommt. Damit verärgert man die Urlauber! Wir verstehen nicht, warum keine besseren Vorbereitungen getroffen worden sind. Es hätte doch ohne weiteres möglich sein müssen, zum Beispiel auf der Grundlage der Aufteilung der FDGB-Ferienplätze auf die Bezirke die notwendigen Lebensmittelmengen rechtzeitig zu verlagern, denn die Urlauber fallen doch in ihren Heimatbezirken für die Versorgung aus.

Neben guten Beispielen einer unserer Ordnung würdigen Verkaufskultur gab es in der Dekoration mancher Geschäfte und der Bedienung große Mängel. So war es notwendig, daß im Anfang der Saison der Bürgermeister der Gemeinde Heringsdorf, Kollege Rauch, aufgrund von Klagen der Gäste das Bedienungspersonal der HO und des Konsums zusammenrief und sie auf ihre Pflichten und besonderen Aufgaben hinwies. Auch die Handelsorgane sollten lernen, sich auf die Saison einzustellen. Sport- und Badeartikel waren nicht überall genügend vorhanden. In Zingst und Kühlungsborn fehlten fast alle Saisonartikel.

Diese Bemerkungen zur Durchführung der diesjährigen Saison beschränken sich auf Erfahrungen aus nur einigen Bädern. Es sei jedoch betont, daß ähnliche Erscheinungen in vielen Orten auftraten. [ . . . ]



Quelle: Demokratischer Aufbau, August 1953, Nr. 8. SBZ-Archiv 4/1953, S. 256; abgedruckt in Christoph Kleßmann und Georg Wagner, Das gespaltene Land. Leben in Deutschland 1945-1990. Texte und Dokumente zur Sozialgeschichte. München: C.H. Beck, 1993, S. 513-15.

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