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„Was muß ich über die Soli-Pakete wissen?” (1947)

Eine wichtige Rolle bei der Linderung der Not im Deutschland der Nachkriegszeit spielen Paketsendungen mit gespendeten Hilfsgütern aus dem Ausland. In den Westzonen treffen ab Ende 1946 CARE-Pakete der privaten amerikanischen Hilfsorganisation CARE (Cooperative for American Remittances to Europe) ein. Einwohner der sowjetischen Besatzungszone können SOLI-Pakete erhalten, wenn im Ausland lebende Freunde oder Verwandte einen entsprechenden Geldbetrag an eine Schweizer Vermittlungsstelle entrichten. Die Pakete werden nicht per Post zugestellt, sondern über die 1945 gegründete SED-Wohlfahrtsorganisation „Volkssolidarität“ weitergegeben. Die Verteilung unterliegt damit der Kontrolle der Partei.

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SOLI-Pakete sind Lebensmittel-Sendungen, die, in Paketen verpackt, von ausländischen Spendern vorerst aus der Schweiz, Nord-, Mittel- und Südamerika, außer Kanada, über die „Volkssolidarität“ den Adressaten in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands zugeleitet werden.

SOLI-Pakete können alle Personen in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands erhalten, für die von ihren im Ausland lebenden Freunden oder Verwandten in der Schweiz oder in den nord-, mittel- und südamerikanischen Staaten, außer Kanada, der entsprechende Geldbetrag entrichtet worden ist. Zu diesem Zwecke schreibt man an seine Freunde oder Angehörigen im Auslande, gibt ihnen die nachfolgende genaue Adresse der Schweizer Vermittlungsstelle: CSS, Centrale Sanitaire Suisse, Zürich, Birmensdorfer Straße 1, die gewünschte Pakettype, den zu zahlenden Preis und seine genaue Anschrift an. In der Schweiz wird der Betrag auf das Postscheckkonto VIII 38040 für Firma Tracont A.-G., Zürich 1, Fraumünster-Straße 15, eingezahlt. In den nord-, mittel- und südamerikanischen Staaten wendet man sich wegen der Einzahlung des Spendenbetrages an den überseeischen Vertreter der Firma Tracont A.-G., Mr. Karl J. Gause, Accountant and Auditor, 175 Fifth Avenue, New York 10, N. Y. Aus diesen Ländern werden nur die Pakettypen G zu 12 Dollar und K zu 19 Dollar in Kommission genommen. Die SOLI-Pakete werden in vier verschiedenen Typen geliefert, und zwar: Paket A: 0,5 kg Kaffe, 0,5 kg Zucker = 9,50 Fr.; Paket E: 1 kg Kaffee, 1 kg Kakao, 1 kg Zucker = 20,65 Fr.; Paket G: 1 kg Speck, 1 kg Butter, 1 kg Dauerwurst, 1 kg Zucker, 0,5 kg Milchpulver, 0,5 kg Kaffee, 0,5 kg Kakao = 35,85 Fr.; Weihnachtspaket K: 1 kg Butter, 1 kg Speck, 1 kg Kaffee, 1 kg Kakao, 2 kg Zucker, 1 kg Käse, 0,5 kg Dauerwurst, 0,5 kg Malzextrakt, 0,5 kg Milchnährmehl, 1 kg Knäckebrot, 0,5 kg Trockengemüse = 58,–Fr.

Die SOLI-Pakete werden aus dem Ausland in geschlossenen Transporten über den Land- oder Wasserweg eingeführt und in das Lager des Zentralausschusses der „Volkssolidarität“ nach Berlin geleitet, dort gesichtet, sortiert und über die Landes-, Provinzial- und Kreisausschüsse an die Ortsausschüsse weitergegeben. Jedes Paket wird durch eine Postkarte vom Kreis- bzw. Ortsausschuß dem Empfänger angekündigt. Eine Zustellung der SOLI-Pakete durch die Post erfolgt nicht.

Von der SOLI-Paket-Aktion sind Kriegsverbrecher und Naziaktivisten ausgeschlossen, denen einwandfrei verbrecherische Handlungen nachgewiesen werden können. Über die Nichtaushändigung eines Pakets kann nur der Kreisausschuß entscheiden. Ein Protokoll ist in jedem Falle an den Zentralausschuß der „Volkssolidarität“ zu senden. Unzustellbare Pakete müssen sofort an den Zentralausschuß der „Volkssolidarität“ zurückgegeben werden, der auch über die weitere Verwendung entscheidet.

Für die Spendenverteilung der SOLI-Pakete erhält die „Volkssolidarität“ 50 Prozent des Wertes der durch sie vermittelten Pakete zusätzlich. Diese zusätzlichen Lebensmittel werden nicht etwa den adressierten Paketen entnommen, sondern unabhängig von dem Verhältnis zwischen Spender und Empfänger von der Centrale Sanitaire Suisse der „Volkssolidarität“ zur Verfügung gestellt, um an besonders Notleidende verteilt zu werden.

Für die Sendung weiterer Pakete gilt als Voraussetzung, daß der Empfänger des ersten Paketes sofort an den ihm nunmehr bekannten Absender von sich aus einen Brief oder eine Postkarte schreibt und den Empfang des ersten Paketes bestätigt.

Die Empfänger von SOLI-Paketen können eine Geldspende für die „Volkssolidarität“ entrichten. Der Betrag der Spende ist auf den Quittungsvordrucken einzuzeichnen und ist ganz in das Belieben des Empfängers gestellt. Die Geldspende wird besonders verbucht und ohne Abzug über die Landesausschüsse dem Zentralausschuß der „Volkssolidarität“ abgerechnet. Mit bisherigen Paketsendungen aus dem Ausland hat die „Volkssolidarität“ nichts zu tun.



Quelle: „Was muß ich über die Soli-Pakete wissen?“, in Volkssolidarität, Nr. 3, Januar 1947, S. 12; abgedruckt in Christoph Kleßmann, Georg Wagner, Das gespaltene Land. Leben in Deutschland 194 -1990. Texte und Dokumente zur Sozialgeschichte. München: C. H. Beck, 1993, S. 78-79.

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