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Geburt der Täuferbewegung – Bericht über die Anfänge der Wiedertaufen (30. Januar-7. Februar 1525)

Seit Mitte der 1520er Jahre sah sich die junge protestantische Bewegung mit einer Splittergruppe konfrontiert, die auf zwei grundsätzlichen Überzeugungen basierte: die alleinige Gültigkeit der Erwachsenentaufe sowie die Ablehnung jeglicher offizieller Kirchen. Die Täufer waren in Thüringen, Oberschwaben, Tirol und der Schweiz aktiv, zahlreiche von ihnen wanderten in die Niederlande und nach Mähren aus, um der Verfolgung zu entkommen, welche ungefähr ein Jahrzehnt andauerte. Den Täufern wurde häufig (und bis auf eine Ausnahme zu Unrecht) unterstellt, eine gewaltsame Revolution anzustreben - ein Vorwurf, welcher sie auch in den Bauernkrieg verwickelte. Der folgende Bericht beschreibt einige der ersten Erwachsenentaufen im Züricher Gebiet, welche durch Georg Blaurock (1491-1529) und Felix Manz (ca. 1498-1527) ausgeführt wurden. Der Züricher Stadtrat verurteilte ihr Vorgehen, stellte Untersuchungen gegen beide an und verhängte schließlich die Todesstrafe für Erwachsenentaufen. Manz wurde 1527 hingerichtet, Blaurock wurde zwei Jahre später auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

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Verhör über Blaurock and Felix Manz


Růdy Thoman von Zollickenn git sin antwurt: Er heige die letzi mit dem alten helffer [Johannes Brötli] und dem von Witickenn [Wilhelm Röubli] wöllenn eßenn und hab sy inn sin huß geladen und sunst von niemands nüdt gewüst; da kemint sunst vil ander, je das die stubenn voll wurd. Und under anderem, wie sy mit einanderen rettind und lang leßind, da stünde Hans Bruggbach von Zumigen uff, weinete und schrüyve, wie er ein großer sünder were und das sy gott für inn bettind. Da fragte inn Blawrock ob er der gnad gots begerte, spreche er ja. Da stünde Mantz uff und seiti: «Wer wil mir weren, das ich den nit touffe?» Da antwurte Blawrock: «Niemandt!» Neme also ein getzi mit waßer und touffte inn im namen gott vatters, gott suns, gott helgen geists. Demnach stůnde Jacob Hottinger uff, begerte des touffs. Den touffte Felix Mantz ouch. Also giengint die anndren all hinweg und blipint Mantz und Blawrock by im über nacht. Morndis stůndint sy früy uff. Da seite Blawrock zů sinem tochterman Marx [Boßhart]: «Du bist bißhar ein jung frölich man gsin und můst ein annder mensch werden, den alten Adam von dir thůn und ein nüwen an dich leggenn und dich beßeren [1. Kor. 15, 45-53; Eph. 4, 22-27].» Antwurte Marx, er wölte sin bests thůn. Da fragt der Blawrock, ob er der gnaden gottes begerte. Und wie er ja sprech, redte Blawrock: «Kum herzů, so wil ich dich ouch touffenn.» Da gienge Marx zůhin, da touffte inn der Blawrock. Da seiti der Blawrock zů im, er [Thoman] weri ein alter man und weri nun dem tod nachend, und er sölte sich beßeren und wenn er der gnaden gots begerte, so wett er inn ouch touffenn. Und wie er ja seite, da touffte er inn ouch. Demnach habe der Blawrock kein růw wöllen han, biß er das gantz hußgsind touffte. Bitt mine herren, im das best zethünd, dann er weder vor noch darnach nie nüdts mit inen gehandlett habe, dann uff die nacht. Er habe ouch deren nie dheinen bekent.

Er seit ouch witer, wie sy ein brott uff dem tisch hettind, da redte Blawrock: «Wer da gloubt, das inn gott mit sinem sterben und roßenfarbenn blůtt erlöst habe, mit vil annderen worten, der kome und eße mit mir ab dem brott und drincke mit mir von disem win.» Da eßind und drinckind ettlich darvon.

Hans Stop, Hans S. Hans Hag[er].



Quelle: Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz, herausgegeben von Leonard von Muralt und Walter Schmid. Band 1. Zürich: S. Hirzel Verlag, 1952, S. 42-43.

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