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Die Marburger Religionsgespräche – Die Marburger Artikel (1529)

Dieser Text beinhaltet die Artikel der Einigung, welche von Luther, Zwingli sowie acht weiteren Predigern in Marburg unterzeichnet wurde. Er dokumentiert, wie ein Streit über die Doktrin der Realpräsenz Christi während des Abendmahls (Luther dafür, Zwingli dagegen) zu einer gemeinsamen Erklärung über die wesentlichen Punkte der Glaubenslehre führte. Die zentrale Frage des Abendmahls wird im letzten und längsten Punkt (Artikel 15) behandelt, welcher das Fehlen eines vollkommenen Einverständnisses einräumt und Toleranz bis zur endgültigen Lösung der Streitfrage gelobt. Diese Strategie, welche der Eindämmung des Konflikts dienen sollte, erweiterte ihn vermutlich tatsächlich und erleichterte beiden Seiten den Vorwurf der Häresie. Da keine Seite sich an die Artikel gebunden fühlte, hatten sie keinerlei Auswirkung auf den Streit, der schließlich zu einer Spaltung der vormals geeinten Gemeinschaft führte. So entstanden zwei protestantische Konfessionen, die Lutherische und die Reformierte (auch Calvinistische genannt).

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Die Marburger Artikel.


Diesser hernach geschrieben artickeln haben sich dj hierunden geschrieben zu Marpurgk verglichen Tertia Octobris M etc XX viiij

Erstlich das wir bederseits eintrechtiglich gleuben vnd halten, das allein ein einiger, rechter naturlicher got sey, Schepfer aller Creaturen, Vnd derselbig got eynig jm wesen vnd natur vnd dreyfaltig in den personen, Nemlich vatter, Sone, heilger gaist etc., allermassen wie jm Concilio Niceno beschlossen vnd jm Symbolo Niceno gesungen vnd gelesen wirdt, bey gantzer Christlicher kirchen in der welt.

Zum andern, gleuben wir, das nicht der vatter noch heilger gaist, Sondern der Sone Gots vatters, rechter naturlicher got, sey Mentsch worden durch wirckung des heilgen gaists on zuthun menlichs samens geporen von der Rheinen Jungfrawen Maria, leiblich volkhommen mit leibe vnd seele, wie ein ander mentsch on alle sonde etc

Zum Dritten, das derselbig gottes vnd Maria sone, vnzertrentte person, Ihesus Christus sey fur vns gecreutziget, gestorben vnd begraben, auferstanden von todten, aufgefarn ghen Hymmel, sitzend zur Rechten Gottes, Herr vber alle Creaturen, zukunftig zurichten die lebendigen vnd todten etc.

Zum vierten, gleuben wir, Das dj erbsunde sey vns von Adam angeborn vnd aufgeerbet vnd sey ein sollich Sonde, das sy alle mentschen verdammet, Vnd wo Hiesus Christus vns nicht zu hilf khommen were mit seinem tode vnd leben, so hetten wir Ewig doran sterben vnnd zu gottes Reich vnd selligkeit nicht khommen mussen.

Zum funften Gleuben wir, Das wir von sollicher Sonde vnd allen andern Sonden sampt dem Ewigen tode erlost werden, So wir gleuben an solchen gottes sone Ihesum Christum fur vns gestorben etc. vnd ausser solchem glauben durch keinerley werck, standt oder orden etc. los werden mogen von eniger Sonde etc.

Zum Sechsten, das solcher glaube sey ein gabe gottes, den wir mit keinen vorgehenden Wercken oder verdienst erwerben noch aus eigener Craft machen konnen, Sondern der heillig gaist gibt vnd schaft, wo er wil, denselbigen jn vnsere hertzen, wen wir das Euangelion oder wort Christj horen.

Zum Siebenden, Das solcher glaube sey vnser gerechtigkeit fur got, als vmb wilchs willen vns got gerecht, fromme vnd heillig rechnet vnd helt on alle werck vnd verdienst Vnd dadurch von Sonden, todt, helle hilft, zu gnaden nimpt vnd sellig macht vmb seines Sons willen, In wilchen wir alßo gleuben, vnd dadurch seines sons gerechtigkeit, lebens vnd aller gutter geniessen vnnd teilhaftig werden.

Von dem Eusserlichen wort.

Zum achten, Das der heillig gaist, ordentlich zuredden, niemants solchen glauben oder seine gabe gibt on vorgehend Predigt oder muntlich wort oder Euangelion Christj, Sondern durch vnd mit solchem muntlichen wort wirckt er vnd schaft den glauben, wo vnd jn wilchem er will. Ro. X.

Von der Tauffe.

Zum Neundten, Das die Heilge taufe sey ein Sacrament, das zu solchem glauben von got eingesetzt, Vnd weil Gots gebot: Ite Baptizate, vnd Gots verheissung drynnen ist: Qui crediderit, so ists nicht allein ein leddig zeichen oder losung vnther den Christen, Sonder ein zeichen vnd werck Gottes, dorin vnser glaube gefordert, durch welchen wir zum leben widder geporn werden.

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