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OMGUS-Umfragen: Zusammenfassung von Trends in der deutschen öffentlichen Meinung (17. Dezember 1947)

Im Lauf der Jahre 1946 und 1947 verschlechterte sich die Stimmung der Bevölkerung in der amerikanischen Besatzungszone. Die schwierige wirtschaftliche Lage führte dazu, daß für immer mehr Deutsche die Sorge um Nahrung und Kleidung in den Mittelpunkt rückte. Sie bevorzugten wirtschaftliche Sicherheit gegenüber politischer Freiheit. Das Vertrauen in die örtlichen Behörden und ihre Leiter sank, ebenso wie das Vertrauen in die Hilfsbereitschaft der Amerikaner und in die alliierte Zusammenarbeit.

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Befragte: unspezifisch.
Untersuchungszeitraum: zwischen November 1945 und Ende 1947 (6 Seiten).


Ernährung. Im November 1945 nannten 20 Prozent der Bevölkerung die Ernährung als ihre Hauptsorge. Diese Zahl hielt sich im Durchschnitt bis März 1946, als sie – in der Folge einer Verringerung der Lebensmittelrationen – auf 30 Prozent anstieg und dann weiter auf 40 Prozent, wo sie bis Februar 1947 stabil blieb; Ende 1947 war sie mit 50% noch einmal in die Höhe gegangen. In Berlin war die Lage durchgängig schlechter, und die Zahl wuchs im März 1946 auf 52 Prozent und im Juli 1947, kurz vor der Ernte, auf einen Höchststand von 74 Prozent; nach der Ernte ging sie gegen Ende des Jahres auf 57 Prozent zurück.

Brennmaterial. Die Sorge um Brennmaterial folgte den saisonalen Erfordernissen, sank im Sommer fast auf Null, stieg im September scharf an, und erreichte ihren Höhepunkt im Februar. In der amerikanischen Zone lag der Höchststand allerdings bei 14 Prozent, während er in Berlin im selben Winter 41 Prozent erreichte.

Andere Sorgen. Der Mangel an Kleidung und Schuhen stieg von acht Prozent Nennungen im Jahre 1945 auf 35 Prozent im Jahre 1947. Der Anteil jener, die sich um die Kriegsgefangenen Sorgen machten, ging zurück. Finanzielle Sorgen stiegen leicht an.

Politik. Im Herbst 1945 hielten 69 Prozent der Bevölkerung politische Versammlungen für wünschenswert, bis August 1947 jedoch sank die Zahl jener, die dieser Meinung waren, auf 45 Prozent. Kommunale Amtsträger konnten das Vertrauen der Menschen nicht aufrecht erhalten: Während im August 1946 42 Prozent ihrer Arbeit vertrauten, sank diese Zustimmung im Oktober 1947 um die Hälfte (22%). 1945 meinten 62 Prozent, diese Leute seien zum Wohl der Gemeinschaft tätig, Ende 1947 waren nur noch 45 Prozent dieser Meinung. Die Zahl jener, die meinten, die Amtsträger würden ihre Posten aus egoistischen Gründen bekleiden, stieg von 12 auf 42 Prozent.

Auch das Vertrauen in die Amerikaner blieb nicht konstant. Im August 1947 meinten 44 Prozent der Menschen, die Vereinigten Staaten würden beim Wiederaufbau Deutschlands helfen; im November 1945 war diese postitive Einstellung jedoch noch von 70 Prozent der Menschen zum Ausdruck gebracht worden. Auch das Vertrauen in die Kooperation unter den Alliierten ging drastisch zurück: Im Januar 1946 waren 15 Prozent diesbezüglich pessimistisch; bis Herbst 1947 stieg diese Zahl auf 70 Prozent an.

Auch das Vertrauen in die Medien sank von einem Höchststand von 75 Prozent täglichen Zeitungslesern auf 55 Prozent im Herbst 1947.

Der Verlust an Vertrauen in die Alliierten war verbunden mit einem Rückgang der Zahl von Personen, die den Kommunismus dem Nationalsozialismus vorziehen würden, sollten sie gezwungen sein, sich für eines der beiden Systeme zu entscheiden: Im Herbst 1945 hätten 35 Prozent den Kommunismus gewählt; Ende 1947 waren es nur noch vier Prozent. Jene, die „weder noch“ antworteten, verdreifachten sich in dieser Zeit von 22 auf 66 Prozent.

Eine Zahl, die konstant blieb, war die Anzahl der Menschen (62%), die wirtschaftlicher Sicherheit den Vorzug vor bestimmten garantierten Bürgerrechten gab.



Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 191-92.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Erica Fisher

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