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OMGUS-Umfragen: Einstellungen zur Ernährungslage (1946-47)

In den ersten zwei Jahren nach Kriegsende stellte die Ernährungslage für die meisten Deutschen das größte Problem dar. Die Alliierten trugen zur Entspannung der Situation durch substantielle Lebensmittellieferungen bei, die die deutsche Produktion ergänzten. Allerdings stießen die offiziellen Erklärungen über den Umfang dieser Hilfe in der amerikanischen Besatzungszone vor allem in den größeren Städten zunehmend auf Skepsis. In den Städten war der Nahrungsmangel am größten. Dennoch gingen die Deutschen in der amerikanischen Besatzungszone davon aus, dass sie im Vergleich zu den anderen Zonen noch am besten be-handelt wurden.

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Einstellungen zur Ernährungslage

Befragte: ein Querschnitt durch die Erwachsenenenbevölkerung in der amerikanischen Zone und im amerikanischen und britischen Sektor Berlins.
Untersuchungszeitraum: aus verschiedenen zwischen Februar 1946 und Juni 1947 durchgeführten Erhebungen (7 Seiten).


Im Laufe des Jahres wuchs die Skepsis der deutschen Öffentlichkeit bezüglich der Menge an Lebensmitteln, welche die Vereinigten Staaten nach Deutschland schickten. Während im Juli 1946 73 Prozent der amerikanischen Behauptung dahingehend Glauben schenkten, dass die Besatzungsmacht ein Fünftel der gesamten Lebensmittelversorgung abdecken würde, waren es im Juni 1947 nur noch 49 Prozent. Relativ mehr Bayern äußerten sich skeptisch als Einwohner von Hessen oder Württemberg-Baden. Die amerikanische Behauptung wurde eher von Männern, besser Ausgebildeten, der selbsternannten Oberschicht und ehemaligen Mitgliedern der Nazipartei unterstützt.

Im Juni 1947 neigten regelmäßige Zeitungsleser (52%) eher als gelegentliche Leser und Personen, die überhaupt keine Zeitungen lasen (je 45 Prozent) dazu zu glauben, dass die Importe Amerikas ein Fünftel der Nahrungsmittel in der Zone ausmachten. Andererseits misstrauten weniger Nichtleser als Leser dieser Behauptung. Proportional ebenso viele Stadt- wie Landbewohner schenkten der amerikanischen Behauptung Glauben, obwohl die Zahlen jener, die nicht daran glaubten, mit der Stadtgröße zunahmen: 45 Prozent der Wohnbevölkerung in großen Städten im Gegensatz zu 33 Prozent in kleinen Dörfern waren skeptisch. Manche dieser Einschätzungen ergaben sich offenbar aus der Tatsache, dass Städter größere Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelbeschaffung hatten als Bewohner ländlicher Gebiete. Im Juni 1947, als 64 Prozent der ländlichen Bevölkerung angaben, genug zu essen zu haben, konnten nur 22 Prozent der Stadtbevölkerung das von sich behaupten. Und als die Frage noch genauer formuliert und danach gefragt wurde, ob man genügend zu essen hatte, um gut arbeiten zu können, sanken die Zahlen der beiden Gruppen weiter auf 50 Prozent im ländlichen Raum und neun Prozent in der Stadt.

Trotz ihrer Unzufriedenheit mit der Lebensmittelversorgung waren die Bewohner der amerikanischen Zone davon überzeugt, von allen vier Zonen am besten ernährt zu sein. Im Juni 1947 hielten 41 Prozent der Deutschen in der amerikanischen Zone die Rationen in der sowjetzone für am kleinsten, 28 Prozent nannten die französische Zone, 18 Prozent die britische. Interessanterweise setzten die West-Berliner die französische Zone mit 40 Prozent an die erste Stelle, gefolgt von der sowjetischen mit 31 Prozent.



Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 167-68.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Erica Fisher

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