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OMGUS-Umfragen: Einstellung der Öffentlichkeit zur Entnazifizierung (1946-47)

Die „Entnazifizierung“ der Deutschen wurde bereits vor Kriegsende von den Alliierten beschlossen und ihre Durchführung im August 1945 auf der Potsdamer Konferenz bekräftigt. Die Umfrage in der amerikanischen Besatzungszone und in West-Berlin Ende 1946 zeigte, dass ein großer Teil der Deutschen über die Durchführung und auch die Schwierigkeiten des Entnazifizierungs-Programms gut informiert war.

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Einstellung der Öffentlichkeit zur Entnazifizierung

Befragte: 3005 Erwachsene in der amerikanischen Zone und 409 in West-Berlin.
Untersuchungszeitraum: Zehntagesperioden in den Monaten Dezember 1946, Januar und Februar 1947 (10 Seiten).


Der Bildungshintergrund und vielleicht noch mehr das direkte Interesse an dem Verfahren beeinflussten das Wissen über das Entnazifizierungs-Programm. Angehörige höherer sozioökonomischer Gruppen (64%), besser Ausgebildete (73%) sowie ehemalige Mitglieder der NSDAP (62%) wussten viel eher als andere über die Durchführung der Entnazifizierung Bescheid und hatten General Lucius Clays Rede vor dem Länderrat gehört oder gelesen, in der er die Durchführung der Entnazifizierung kritisierte. Ein Fünftel (21%) waren an der Entnazifizierung so desinteressiert oder von ihr so wenig betroffen, dass sie keine erkennbare Einstellung dazu hatten. Eine kleine Mehrheit der Allgemeinheit (36%) befürwortete den damals gültigen Plan, die Entnazifizierung von den Deutschen selbst – unter amerikanischer Aufsicht - durchführen zu lassen. Fast ebenso viele (30%) hätten allerdings den Amerikanern lieber die volle Verantwortung für das Programm überlassen.

Fast die Hälfte (47%) der Menschen hatte von General Clays Rede vor dem Länderrat gehört oder gelesen. Vermutlich weil die Rede in Stuttgart gehalten wurde, wussten die Einwohner von Württemberg-Baden (56%) eher davon als die Bayern (45%), die Hessen (45%) oder die West-Berliner (37%). Die meisten (72%), die von General Clays Rede gehört hatten, hielten seine Bemerkungen für gerechtfertigt; aber nur wenige (13%) stellten irgendeine Veränderung in den Entnazifizierungsmethoden in den ersten Wochen nach der Rede fest.

Die Ergebnisse von zehn voneinander getrennten Stichproben seit November 1945 zeigten, dass die Zustimmung zur Entnazifizierung um 15 Prozent gesunken war, während die Zahl jener, die unzufrieden waren oder keine Meinung hatten, anstieg. Ungefähr gleich viele waren im Dezember 1946 mit der Durchführung der Entnazifizierung zufrieden (34%) wie unzufrieden (32%). Ungefähr 14 Prozent hielten die Entscheide der Spruchkammer für zu mild. Ein Viertel (25%) hätte sich eine stärkere Differenzierung zwischen Aktivisten und Mitläufern gewünscht, zwischen Schuldigen und nicht Schuldigen. Ein Siebtel (14%) hätte die Aktivisten strenger bestraft.

In der amerikanischen Zone war eine Mehrheit (62%) dagegen, die ehemalige NSDAP-Mitgliedschaft in den Personalausweisen festzuhalten und ehemaligen NSDAP-Mitgliedern die Rückkehr auf ihre ehemaligen Posten zu verwehren. Ehemalige NSDAP-Mitglieder waren in der Ablehnung dieser Maßnahmen fast einstimmig.



Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, ff. 154-55.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Erica Fisher

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