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OMGUS-Umfragen: Einstellungen zur Kollektivschuld (Dezember 1946)

Ende 1946 war der Umfrage in der amerikanischen Zone zufolge eine Mehrheit der Deutschen bereit, Verantwortung für die Verbrechen des NS-Regimes zu übernehmen bzw. eine Mitschuld daran einzugestehen. Allerdings waren die meisten Deutschen der Meinung, dass sie keine Schuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs traf und dass im Krieg beide Seiten Verbrechen begangen hatten. Immerhin ein Drittel war außerdem weder bereit, eine Mitverantwortung für die Verbrechen des Regimes zu übernehmen noch den millionenfachen Mord an den europäischen Völkern zuzugeben.

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Einstellungen zur Kollektivschuld in der amerikanischen Zone Deutschlands

Befragte: 3005 Personen in der amerikanischen Zone.
Untersuchungszeitraum: die letzten beiden Dezemberwochen 1946 (16 Seiten).


Zur Feststellung ihrer positiven oder negativen Einstellung zur These der Kollektivschuld an den Ereignissen der Nazizeit wurden den Befragten in der amerikanischen Zone sieben Fragen vorgelegt. Bei der Auswertung wurden die Prozentzahlen jener, die jede der sieben Fragen ablehnten, zusammengezählt. Wer null Punkte erreichte, übernahm Verantwortung bei allen sieben Fragen; jene mit sieben Punkten lehnten jede Verantwortung ab. Der Durchschnitt für die gesamte AMZON-Bevölkerung betrug 3,8. Im Allgemeinen gab es hinsichtlich Akzeptanz oder Ablehnung der Kollektivschuld nur geringfügige Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Jene, die am ehesten dazu neigten, eine jede Schuld zurückzuweisen, waren die Bewohner von Württemberg-Baden (3,82), die weniger Gebildeten (3,83), Personen zwischen 30 und 39 (3,85) oder über 60 Jahren (3,92), Frauen (3,96), Protestanten (3,88), die unterste sozioökonomische Schicht (3,85), sowie die untersten Einkommensgruppen (3,90). Besonders die überzeugten Antisemiten unter den Befragten neigten dazu, jegliche Kollektivschuld zurückzuweisen.

Zu den spezifischen Fragen: 63 Prozent waren der Meinung, das deutsche Volk trage zumindest eine teilweise Mitschuld an den Handlungen des Hitlerregimes, weil es das Regime unterstützt habe; 28 Prozent hielten die Deutschen für mitverantwortlich für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs; 68 Prozent meinten, die Härte des Vertrags von Versailles habe den Deutschen kein Recht gegeben, einen weiteren Krieg auszulösen, 52 Prozent jedoch hielten den Versailler Vertrag für eine Ursache des Krieges; 46 Prozent stimmten nicht zu, dass Deutschland Polen angegriffen habe, um die dort lebenden Deutschen zu schützen; 56 Prozent meinten, Deutschland befinde sich oft in einer schwierigen Lage, weil andere Deutschland nicht verstünden; 83 Prozent meinten, im Zweiten Weltkrieg hätten beide Seiten viele Verbrechen gegen die Menschheit und den Frieden begangen; und 59 Prozent bejahten, dass Deutschland Millionen hilfloser Europäer gefoltert und ermordet habe.



Quelle: A. J. und R. L. Merritt, Public Opinion in Occupied Germany, The OMGUS Surveys. Urbana, IL, 1970, S. 149.

Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Erica Fisher

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