GHDI logo


Territorialregierung – Hofordnung Johann Friedrichs von Pommern (21. November 1575)

Die Regulierung und Kontinuität der fürstlichen Zentralgewalt waren von zentraler Bedeutung für die Institutionalisierung der Territorialherrschaft. Um beides zu gewährleisten waren mehr Juristen und Sekretäre notwendig, doch es bedeutete auch, dass diese nun im Interesse bürokratischer Effizienz, unparteiischer Rechtsprechung und fiskalischer Verantwortlichkeit einem neuen Standard von Disziplin unterlagen. Die Wurzeln der Regulierung lagen in den süd- und mitteldeutschen Fürstentümern des späten 15. Jahrhunderts, besonders in Bayern, Württemberg, der Pfalz, Hessen und Sachsen. Bis zum späteren 16. Jahrhundert hatte sich die Regulierung auch auf die nördlichen Staaten erstreckt. Mithilfe von Hofordnungen sollten die Justizbeamten zu Tugenden wie Ehrlichkeit, Unparteilichkeit und Fleiß angehalten werden, und manchmal beinhalteten sie auch Regeln über die äußere Erscheinung. An der Spitze der Hierarchie stand der Hofrat, gefolgt von der Kanzlei, welche für die Erstellung, Kopien und Verwahrung administrativer Schriftstücke verantwortlich war. Ohne diese war eine beständige, effiziente und ehrliche Regierung unmöglich (ganz abgesehen von den Steuereinnahmen, welche die Regierungsausgaben, den fürstlichen Haushalt sowie das Militär speisten). Herzog Johann Friedrich von Pommern (r. 1560-1600) erließ 1575 die folgende Hofordnung für das Herzogtum Pommern-Stettin. Das Dokument veranschaulicht einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung einer Reihe von territorialen Regulierungen: die Trennung des Rechts- vom Verwaltungsgeschäft. Neben Bestimmungen über die Räte beinhaltet es außerdem eine Kanzleiordnung, in der die Zahl, Pflichten und Kontrolle der Beamten festgelegt wird.

Druckfassung     Dokumenten-Liste vorheriges Dokument      Beginn des nächsten Kapitels

Seite 1 von 2


Unsere von Gottes gnaden Johannes Friedrichs, Herzogen zu Stettin Pommern [ . . . ] Hoffordnung, wie es allenthalben in unserm Hoffe solle gehalten werden, Publicirt zu Alten Stettin am ein und zwanzigsten Novemb. Anno 1575.


Hoffrethe

Unsere Rethe sollen nicht allein zu vorrichtung eines jederen seines bevholenen Ampts tugentlich und geschicket sein, Sondern darnebenst, dazu sie bestellet, geloben und schweren, alle ihre gedancken und handlunge, furnehmblich zu gottes ehre, unser Regierunge gemeinen nutz, vortheil und besten zu richten, Ire eigene sachen nach unsern und gemeinen geschefften und nicht unsere sachen nach irer gelegenheit und lust schicken, jederer Zeit ihres Diensts fleißig auffwarten, ohne sonderliche hochdringende ursachen keine erlaubnuße bitten [ . . . ].

Mit gift, gaben oder belohnung von Parteyen [sollen die Räte] sich nicht beladen, den Parteyen, so fur uns und unserm hoffgerichte zu thuen haben oder zu thuen gewinnen mochten, in den sachen, die in diese gerichte gehorig und kommen, nicht advociren, procuriren, Rhaten oder in sachen, darin sie vorhin gedienet, ehe sie zum Dienste bestellet, in gerichte nicht sitzen, zu Commissarien außerhalb gutlicher handelung oder aufnhemung der Zeugen sich nicht gebrauchen laßen.

Und do einer von unsern Rheten dieser stucke eins uberwunnen wurde, soll er unsers Dienstes und ehrenstandes entsetzet sein, des Landes die thage seines lebens vorwiesen werden, und dem parthe, so dadurch belediget, zu seinen hinterlaßenen gutern rechtlicher Zuspruche und furderung furbehalten sein.

Unsere Rhete sollen auch Irer pflicht und unserer furstlichen hoff[-] und anderer ordnunge nach und Ires bevhelichs treulich und unwiedersprechlich leben, sich mit pferden, dienern, Kleydungen, wie ein jeder bestellet, vorhalten, die Kleydung uns zun ehren tragen und furen, bey straffe der entziehung volgender versprochener kleidunge;

Wann ein jeder reiset, seine eigene pferde in unseren geschefften auf unsern, in seinen eigenen sachen aber auf seinen schaden brauchen, damit die Stedte und Armuth mit den furen und wir mit duppelten uncosten nicht beschweret werden. [ . . . ]

Cantzler und Verwalter

Nachdem unser in godt ruhender freundlicher, lieber herr Vetter hochloblichen Christlicher gedechtnus Zeit S. L. furstlicher Regierunge und hernacher wir sowoll die gerichts[-] als die furstlichen sachen und hendel bishero durch des Cantzlers persone verrichten laßen, und aber wir befunden, das nicht allein die sachen und hendel sich mheren, sondern wir auch unsern gehorsamen Landstenden auf gehaltenen Landthagen gnediglich zugesagt, zu unserm Hoffgerichte umb schleuniger und beßer expedition willen eine sonderliche person, nemblich einen gerichtsvorwalter, zu bestellen, so haben wir nach negst in diesen lauffenden 1575 Jhare gehaltenen Landthage zu Wollin unsern Cantzler Jacob Kleiste zu unsern furstlichen hendlen allein und einen Verwalter Doctor Johann Lubbeken zu unserm Hoffgerichte bestellet. [ . . . ] Wir wollen auch dem Verwalter gewiße personen von unseren Hoffrheten zuordnen, die stets in dem Hoffgerichte sein und auffwarten und zu keinen andern sachen gebrauchet werden sollen. Nichtsdestoweniger aber sollen alle unsere Hoffrhete, wann sie zur stedte sein, im gerichte sitzen, Acta referriren, supplicationes und andere furfallende sachen expedyren helffen.

erste Seite < vorherige Seite   |   nächste Seite > letzte Seite